Unsere Olympioniken: Tobias Brand – der außergewöhnliche Weg nach Paris
Foto: Justus Stegemann Für die deutsche Männer-Nationalmannschaft steht das absolute Saisonhighlight an: Die Olympischen Spiele. 13 Spieler kämpfen in Paris um Edelmetall für Deutschland. Wir stellen jeden einzelnen in unserer Serie „Unsere Olympioniken“ vor, zeigen ihren Weg nach Paris und blicken hinter die Volleyballer-Fassade. Weiter geht es mit Tobias Brand.Tobias Brand hat in den letzten Jahren einen rasanten Aufstieg erlebt. 2019 schlug er erstmals in der Bundesliga auf, 2022 feierte er sein Debüt in der Nationalmannschaft, im vergangenen Jahr wechselte er nach Polen und nun geht es nach Paris zu den Olympischen Spielen. Dabei hatte der 26-Jährige eine Profikarriere lange gar nicht im Sinn.
„Ich habe mit etwa sieben Jahren mit Volleyball angefangen, aber mir hat es gar nicht so gut gefallen“, berichtet Brand. Erst, als es besser funktionierte, habe es ihm auch Spaß gemacht. An Olympia dachte er damals jedoch nicht, stattdessen schaute er nur Schritt für Schritt, wie es weitergehen könnte. „Irgendwann schielt man dann aber natürlich auf Olympia, das ist schließlich der Traum eines jeden Sportlers“, sagt Brand.
Der Weg des Außenangreifers ist „schon außergewöhnlich“, wie er selbst sagt, denn Brand ging nicht den klassischen Weg über ein Volleyball-Internat und schlug auch nie für die deutschen Nachwuchs-Nationalteams auf. Stattdessen ging er seinen eigenen Weg und kämpfte sich durch – bis an die Spitze. „Das erreicht man nur, wenn man dranbleibt – und mit ein bisschen Glück, denn die Strukturen haben bei mir immer gestimmt“, sagt Brand, dessen jüngerer Bruder im Internat war und kommende Saison in der 1. Liga für Bitterfeld-Wolfen spielt.
Mit seinem Heimatverein stieg Tobias Brand bis in die dritte Liga auf, in der 2. Liga profitierte er von vielen älteren Mitspielern und über Beach-Volleyball, wo er mit Jonas Reinhardt erfolgreich auf der Deutschen Tour aufschlug, kam er schließlich in die 1. Liga. „Ich wollte immer etwas ausprobieren und den nächsten Schritt machen, weil ich wusste, dass ich es kann“, erzählt der gebürtige Mainzer. Und das Wichtigste für ihn dabei: „Ich habe es immer freiwillig gemacht und nie den Spaß am Volleyball verloren.“
Dabei musste er im letzten Sommer auch einen kleinen Rückschlag verkraften. Er bereitete sich zwar mit der Nationalmannschaft vor, wurde aber für die EM und die Olympia-Qualifikation nicht nominiert. „Das war sehr schwierig und bitter“, gesteht Brand, ergänzt aber direkt: „Das schöne an uns Sportlern ist, wir setzen uns viel mit uns selbst auseinander und müssen viel selbstreflektieren, daher habe ich verstanden, warum ich aussortiert wurde, es war begründet und berechtig, aber es hat mich natürlich sehr geärgert.“ Und es weckte seinen Ehrgeiz. „Ich dachte, das kann ja nicht sein, dass ich hier rausfliege, also habe ich mich danach noch mehr angestrengt und durchgebissen.“
Sein Wechsel nach Polen erwies sich dabei im Nachhinein als Glücksfall. „Ich wusste, dass es ein sehr hartes Jahr wird und ich mir alles erarbeiten muss“, berichtet Brand. Am Anfang sei er noch nervös gewesen, doch das legte sich schnell und er entwickelte sich zum Top-Angreifer. „Ich habe mich körperlich dank unseres Athletiktrainers, der auch hier bei der Natio ist, sehr gut entwickelt und meine Risikobereitschaft und Durchschlagskraft hat sich sehr verbessert“, sagt Brand, der auch in der kommenden Saison in Polen angreift.
Vielleicht probiert er dann auch mal den polnischen Wein, das hat der Winzer nämlich bisher nicht gemacht. Das Handwerk wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Schon seine Großeltern hatten Weingüter und Brand wuchs auf dem elterlichen Weingut in der Nähe von Mainz im "wunderschönen Rheinhessen" auf. So machte er parallel zu seiner Volleyballkarriere auch die Ausbildung zum Winzer. „Mich interessiert das sehr und ich habe Spaß daran“, sagt der 26-Jährige. Es sei eine schöne, naturnahe, ruhige Arbeit, mit der er sich identifizieren könne. Daher sieht er sich nach seiner Profikarriere auch auf dem Weinberg.
Doch zunächst liegt der Fokus auf dem Sport: „Ich bin stolz, Volleyballer zu sein, das erfüllt mein Leben.“ Und nun richtet sich der Blick auf Paris, die Vorfreude ist schon groß. „Es ist ein bisschen wie Weihnachten: die Tage davor, die Adventszeit, ist die Vorbereitung, das ist immer superschön. Und wenn es dann so weit ist, freut man sich extrem und möchte alles sehen und mitnehmen“, erzählt der Außenangreifer. Besonders freut er sich auf das Olympische Dorf und den Austausch mit anderen Sportlern. Der Fokus liegt aber natürlich auf den eigenen Spielen, denn „ich möchte nicht nur dabei sein, sondern auch bestmöglich abschneiden“.