Unsere Olympioniken: Julian Zenger – La Dolce Vita mit Maultaschen
Foto: Justus Stegemann Für die deutsche Männer-Nationalmannschaft steht das absolute Saisonhighlight an: Die Olympischen Spiele. 13 Spieler kämpfen in Paris um Edelmetall für Deutschland. Wir stellen jeden einzelnen in unserer Serie „Unsere Olympioniken“ vor, zeigen ihren Weg nach Paris und blicken hinter die Volleyballer-Fassade. Als nächstes ist Julian Zenger dran.Es war ein verrücktes Jahr 2023 für die deutsche Männer-Nationalmannschaft. In der Volleyball Nations League (VNL) und auch bei der Europameisterschaft lief es nicht rund. „Wir haben alle viel darüber nachgedacht, niemand wollte, dass sowas nochmal passiert“, erinnert sich Julian Zenger vor allem an das bittere EM-Aus im Achtelfinale gegen die Niederlande. Kaum einer hatte die Deutschen anschließend bei der Olympia-Qualifikation im Oktober in Rio de Janeiro auf dem Zettel.
Doch das Team von Bundestrainer Michal Winiarski spielte sich in einen Rausch und buchte sensationell das Ticket für Paris. „Ich hatte das Gefühl, dass wir alle so gespielt haben, als könnte nichts schief gehen“, berichtet der Libero: „Wir hatten eine gute Vorbereitung, sind optimal ins Turnier gestartet, waren frisch im Kopf mit der richtigen Mentalität und hatten einen sehr guten Teamgeist.“ Genau das wollen sie nun mit nach Paris nehmen, um auch dort in „den Flow“ zu kommen.
Für Zenger sind es die ersten Olympischen Spiele, nachdem er die Qualifikation mit den DVV-Männern 2020 knapp verpasst hatte. „Die Enttäuschung war damals schon groß, vor allem, als man die Spiele dann im Fernsehen verfolgt hat und wusste, wie haarscharf wir dran waren“, sagt der 26-Jährige, der daraus aber auch zusätzliche Motivation zog. „Das ist das Turnier, wo jeder Volleyballer hinwill, daher sind wir sehr glücklich, dass wir es diesmal geschafft haben“, freut sich Zenger. Große Erwartungen an das Highlight hat er nicht: „Ich freue mich einfach, dabei zu sein und will jeden Moment genießen und alles mitnehmen.“
Zenger gehört mit 135 Länderspielen zu den Erfahreneren im Team. Seit seinem Debüt 2016 ist er der Chef in Annahme und Abwehr. „Ich versuche, viel Verantwortung zu übernehmen, viel zu reden und hinten alles zu organisieren“, sagt Zenger, der wie jeder andere Libero das Angreifen vermisst: „Jeder macht das gerne mal im Training.“
Nachdem der Allgäuer durch seinen Vater bei der TSG Leutkirch zum Volleyball kam, ging es für ihn schnell an den Stützpunkt in Friedrichshafen. Über den VCO Berlin, die United Volleys Frankfurt und die BR Volleys führte ihn sein Weg nach Italien, zunächst nach Trentino und 2022 schließlich nach Padua. „Die letzten drei Jahre haben mir persönlich und meiner Karriere viel gebracht, ich habe mich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt und bin gut in meiner Rolle gewachsen“, berichtet Zenger. Er sei nun mehr bereit, die Führung zu übernehmen
Volleyball hat in Italien einen ganz anderen Stellenwert als in Deutschland. „Die Liga ist eine der besten der Welt, deshalb macht es jedes Wochenende super viel Spaß, dort auf höchstem Niveau zu spielen – egal, gegen wen. Ich genieße die Zeit dort sehr.“ Er möchte so lange wie möglich in Italien spielen, allerdings kommen immer mehr talentierte italienische Liberos in die Liga, was es für Zenger aufgrund der Ausländerregelung schwer machen könnte.
Der Deutsche schätzt aber nicht nur den Sport in Italien, sondern er hat auch das italienische Leben lieben gelernt: „Es ist einfach sehr schön dort, ich mag das Land und die Leute.“ Um schnell Anschluss zu finden, hat er damals auch direkt einen Sprachkurs gemacht. „Ich bin keiner, der gerne allein daheim rumsitzt, daher wollte ich schnell italienisch lernen und mittlerweile ist es auch ganz gut.“ Das Einzige, was ihm in Italien fehlt, sind deutsches Brot und gute Maultaschen aus dem Allgäu, die er sich von seinen Eltern immer wieder mitbringen lässt.
Wenn der Libero nicht auf dem Feld steht, verbringt er seine Zeit am liebsten auf dem Golfplatz. Das ist auch das Einzige, was er gerne mal alleine macht. „Wenn man am Morgen ein, zwei Stunden für sich hat, ein bisschen rumläuft, aufs Bällchen haut und über Sachen nachdenken kann.“ Mit Lukas Kampa und Denis Kaliberda hat er zwei Gleichgesinnte in der Nationalmannschaft, mit denen er auch in Kienbaum die Bälle schlägt. Und Padua sei quasi ein Paradies für Golfer. Im Umkreis von einer halben Stunde gibt es gleich mehrere Plätze.
Im Vergangenen Jahr war Zenger sogar an einem freien Tag mit ein paar Teamkollegen auf der Insel Lido, wo es einen der ältesten Golfplätze Italiens gibt. „Wir sind mit der Fähre rüber und haben uns einen sehr schönen Tag gemacht“, berichtet der Volleyballprofi, der noch an einem einstelligen Handicap arbeitet. Aktuell liegt es etwa bei 13. „Mit etwas mehr Zeit im Sommer könnte man da natürlich besser dran arbeiten“, sagt Zenger.
Doch noch verbringt er die Sommer mit der Nationalmannschaft – und viel Zeit davon mit Moritz Karlitzek, mit dem er sich ein Zimmer teilt. „Wir kennen uns jetzt schon etwa acht Jahre und haben immer eine gute Zeit zusammen“, sagt Zenger. Auch sein Zimmergenosse betont die „sehr enge“ Freundschaft: „Wir haben ein blindes Verständnis, ich weiß immer, was er denkt und wenn ich ihn angucke, muss ich immer lachen – wir haben immer gute Laune.“ Chaotisch ist es im Zimmer Karlitzek/Zenger eher weniger. „Ich bin der ordentlichere, im Gegensatz zu Moritz kann ich nicht aus der Tasche leben und packe immer alles direkt in den Schrank“, sagt der Abwehrchef.
Auch vom Rhythmus sind sie sich sehr ähnlich. „Wir schlafen nicht ewig lange, auch an freien Tagen gehen wir zum Frühstück, aber da sind wir dann schon am Limit, dass wir die letzten Minuten mitnehmen“, erzählt Zenger. In Paris wird es aber nichts mit ausschlafen, schließlich müssen die DVV-Männer in der Gruppenphase gleich zweimal um 9 Uhr ran. „Das wird eine Umstellung, aber das bekommen wir schon hin“, ist der 26-Jährige zuversichtlich. Schließlich sind es die Olympischen Spiele, da fällt das Aufstehen gleich viel leichter.