Beach: Sara Goller: „Karriere war eine unfassbar schöne Reise im Ganzen“
Am 17. September hat Sara Goller ihre Partnerschaft mit Laura Ludwig beendet. Das beste deutsche Frauen-Duo in der bisherigen DVV-Historie existiert somit nicht mehr. Gemeinsam feierten Goller/Ludwig Erfolge auf europäischer Ebene (5 Medaillen, darunter zwei EM-Titel), deutscher Ebene (vier Titel), internationaler Ebene (15 Halbfinal-Teilnahmen an der World Tour mit sieben Finals und sechs dritten Plätzen) sowie zwei Olympia-Teilnahmen (5. und 9. Platz) herausragende Erfolge. Wie der Rücktritt vom Leistungssport vonstatten ging, was ihre Ziele in der Zukunft sind und was sie am meisten vermissten wird, verrät Sara Goller im „Interview der Woche“.
Foto Hoch Zwei: Die Anfänge: Sara Goller und Laura Ludwig 2005 bei der Beach-WM in Berlin.
Kaum zurück getreten, sind Sie schon wieder am Ball im Robinson Club auf Fuerteventura. Der schnellste Rücktritt vom Rücktritt oder was?
Goller: „Ha! Schöner Einstieg ins Interview! Ich würde es als Abschlussfahrt bezeichnen.“
Wie oft wurde schon versucht, Sie umzustimmen?
Goller: „Dass die Entscheidung jetzt durch ist, ist den meisten klar. Und vorher waren so viele jetzt in den Entscheidungsfindungsprozess auch nicht eingebunden. Die, die es waren, haben mehr versucht mit mir herauszufinden, was ich will als mich in irgendeine Richtung zu beeinflussen. Die Resonanz jetzt ist sehr rührend, aber auch sehr verständnisvoll.“
Mit 28 Jahren sind Sie noch sehr jung und könnten mindestens noch eine Olympiade auf höchstem Niveau spielen. Warum hören Sie jetzt schon auf?
Goller: „Weil ich soooo jung nun eben auch nicht mehr bin. Für Beach-Volleyball sicher noch nicht zu alt, aber für ein Studienanfänger eben schon - sagen wir - in die Jahre gekommen. In vier Jahren verstehe ich die Sprache meiner Mit-Studierenden ja schon nicht mehr...Das ist das eine. Das andere ist, dass ich einfach Lust habe, mich mit was Neuem auseinanderzusetzen. Volleyball "studiere" ich jetzt seit 20 Jahren, habe mehr erreicht als ich mir je hätte träumen lassen und bin auch irgendwo an meinem Limit angekommen. Viel mehr geht da auch nicht. Der innere Schaffensdrang ruft daher nach neuen Aufgaben. Außerdem freue ich mich darüber hinaus, auch mehr Zeit für Freunde und Familie zu haben und genieße jetzt schon sehr, Verabredungen für das ganze nächste Jahr zuzusagen.“
Wann ist der Entschluss gereift?
Goller: „Ich setze mich schon länger damit auseinander, wie es nach London mit mir weitergeht. Es gab immer beide Optionen, also weitermachen und aufhören. In den letzten Wochen habe ich dann in vielen Gesprächen gemerkt, dass mein Bauchgefühl was Neues will. Genauso wie es damals gesagt hat, das mit Laura wird gut, sagt es mir jetzt "Auf zu neuen Ufern!". Das auszusprechen, war auch nochmal schwierig, aber als ich es dann geschafft hatte, war ich sehr froh und erleichtert. Die finale Entscheidung habe ich leise und für mich, schwimmend im Ammersee gefällt. Romantisch, oder :)?
Was war der größte Moment/Sieg?
Goller: „Der Gewinn der Europameisterschaft in Berlin 2010.“
Welches die bitterste/härteste Niederlage?
Goller: „Das Ausscheiden bei den Olympischen Spielen in Peking 2008.“
Foto CEV: Der größte Moment für Sara Goller: EM-Gold 2010 in Berlin.
Sehen Sie es als einen „Makel“ an, kein Turnier der FIVB World Tour gewonnen zu haben? Sieben Mal bestand die Chance dazu…
Goller: „Komischerweise nicht. Lange Zeit habe ich das. Aber jetzt habe ich irgendwie Frieden gemacht damit...ganz ungeplant. Jetzt sehe ich meine ganze Karriere unabhängig von Ergebnissen als eine unfassbar schöne Reise im Ganzen, die genau so wie sie war eben meine ist. Nicht perfekt und genau deshalb ok.“
Sie bildeten mit Laura Ludwig das erfolgreichste deutsche Frauen-Duo aller Zeiten. Was war die Zielstellung bei ihrer Teambildung?
Goller: „Mal schauen, wie's so läuft...“
Was werden Sie am meisten vermissen? Den Sand, die tollen Strände, die Kolleginnen und Kollegen oder doch Laura Ludwig?
Goller: „Ha, fiese Frage. Diplomatische, aber wahre Antwort: Alles zusammen. Ich glaube, das deutsche Team, das so mit dem Zirkus um die Welt reist, ist momentan schon eine besondere Gemeinschaft. Das werde ich auf jeden Fall am meisten vermissen. Und davon ist Laura für mich natürlich auch mehr als ein kleiner Teil. Sie wird für mich immer ein besonderer Mensch bleiben, mit einer besonderen Verbindung. Wir haben zehn sehr prägende und emotionale Jahre zusammen erlebt, und jetzt freue ich mich, ihre weitere Entwicklung noch mindestens vier weitere Jahre zu verfolgen, so spielt auch noch ein Stückchen von mir irgendwie weiter.“
Foto SAE: Der letzte gemeinsame Auftritt war bei den Deutschen smart Beach-Volleyball Meisterschaften in Timmendorfer Strand.
Sie haben mit Laura Ludwig mehr Zeit verbracht als so manche Partner in langjährigen Ehen. Ihr Geheimrezept?
Goller: „Kommunikation! Und Perspektivwechsel gepaart mit dem Anspruch, die Beweggründe des anderen zu verstehen.“
Was hat Ihnen die Zeit als Beach-Profi neben Siegen, Ehre und Preisgeld gebracht?
Goller: „Die Wichtigkeit von Kommunikation und Perspektivwechsel zu begreifen, Sonnenbrände, Spaß, Freundschaften, eine wütende Schulter, die Fähigkeit in jedem Fortbewegungsmittel zu schlafen, Sand selbst im Bücherregal, mit unterschiedlichsten Menschen für das gleiche Ziel zu arbeiten, Sommersprossen, eine gute Technik, sich allein den Rücken einzucremen, ein paar Fältchen um die Augen und die Gewissheit, dass es sehr viel Wichtigeres gibt als Siege, Ehre und Preisgeld.“
Sie werden nun viel „freie“ Zeit haben, sie Sie nicht im Training oder auf einem Turnier verbringen. Was planen Sie nun, was macht Sara Goller nach ihrer Karriere als Beach-Profi?
Goller: „So wie ich mich kenne, wird die Zeit ganz schnell wieder verplant sein...Ein bisschen genießen werde ich sie noch bis Ende des Jahres. Bis dahin habe ich dann hoffentlich die Weichen gestellt für meine berufliche Zukunft. Da bin ich momentan dran, irgendwas mit Kommunikation, Journalismus, Medien. Ich habe da schon so ein paar Ideen.“
Foto FIVB: "Irgendwas mit Kommunikation, Journalismus, Medien!" Das hat Sara Goller bereits in ihrer aktiven Karriere gefallen.
Und freuen Sie sich auf den schönen kalten deutschen Winter? Dem sind Sie zuletzt immer mit Trainingslagern in südlichen Gefilden entflohen…
Goller: „Ja und nein. Ich freue mich auf die viele Zeit, die ich mit meinen Freunden und meiner Familie verbringen kann, die vielen Dinge zu tun, für die vorher nie Platz war. Aber der deutsche Winter ist definitiv zu lang. Ich werde sicher irgendwann zwischendrin mal abhauen. Vielleicht starte ich auch noch ein Business, wenn ich ganz verzweifelt bin “rent a Trainingspartner for your Trainingslager“...dafür würde ich dann auch Flatteraufschläge lernen.“
Und werden Sie weiter Turniere spielen, beispielsweise auf nationaler Ebene, um sich fit zu halten?
Goller: „Ist erst einmal nicht geplant. Ich würde zwar gern auch ein bisschen was von dem, was ich gelernt habe, weitergeben aber wie genau, weiß ich noch nicht. Vielleicht spiele ich im Winter ein bisschen Halle.“
Dann bleibt uns nur zu sagen: Vielen Dank für viele schöne Momente und Siege sowie alles Gute für die Zukunft.