Frauen-EM: Angelina Grün: „Es war schön zurückzukehren“
Der Super-Star der Jahre 2000 bis 2008 ist zurück bei den DVV-Frauen: Angelina Grün kehrte nach einem zweijährigen Beach-Volleyball Intermezzo zu ihren Wurzeln zurück und spielte sich auf Anhieb in den Kader für die EM-Endrunde in Italien & Serbien (23. September bis 2. Oktober). Wie es zur Rückkehr kam, wie sie die Beach-Zeit erlebt hat und mehr, erzählt die in der kommenden Saison für Bundesligist Alemannia Aachen (Vorstellung am 21. September um 13.15 auf einer PK) schmetternde „Grüni“ im „Interview der Woche“.
Willkommen zurück bei den DVV-Frauen. Wie war der Empfang?
Angelina Grün: „Herzlich! Ich habe viele bekannte Gesichter wiedergesehen, zum Glück, denn das hat mir gezeigt, dass ich doch nicht ewig weg war. Insgesamt war es wirklich schön zurückzukehren.“
Wie ist es zur Rückkehr gekommen? Wer hat wen kontaktiert bzw. wie ging das genau vonstatten?
Angelina Grün: „Ich hatte während meiner Beach-Zeit immer Kontakt zu Giovanni Guidetti. Das letzte Mal hatten wir uns beim Länderspiel in Bremen im Juni getroffen, aber auch damals habe ich klar signalisiert, dass Beach weiter meine Priorität ist. Dann kam die Verletzung und die gab den Ausschlag, mir über meine sportliche Zukunft Gedanken zu machen. Wie kann es weitergehen? Wo kann ich mich wiederfinden und wo habe ich für die nahe Zukunft Ziele und die besten Möglichkeiten? Dabei habe ich auch ernsthaft überlegt die weiteren Jahre im Beach-Volleyball aktiv zu sein. Aber am Ende hat mich die Option in der Halle wieder zu spielen doch mehr angesprochen. Soweit meine Entscheidung. Aber das ich jetzt wieder in der Nationalmannschaft spiele, habe ich natürlich auch Giovanni und dem Team zu verdanken, die mich toll aufgenommen haben.“
Foto FIVB: Nach zwei Jahren im Sand kehrt Angelina Grün zurück in die Halle.
Kritiker werden sagen, ihre Rückkehr in die Halle ist zugleich ein Scheitern im Beach. Stimmen Sie dem zu?
Angelina Grün: „Wenn man rein die Ergebnisse nimmt, ist es sicherlich nicht gelaufen, wie man das von meiner bisherigen Karriere gewohnt war. Aber die Beach-Zeit war sehr lehrreich für mich, und ich schaue darauf sehr positiv zurück. Einen Blick unabhängig von den Ergebnissen würde ich auch sagen, dass ich eine gute Beach-Spielerin geworden bin. Aber das allein ist nicht immer ausschlaggebend, um automatisch Erfolg zu haben, da kommen auch vielen andere Kleinigkeiten zusammen.“
Was waren die Gründe dafür, dass es im Beach-Volleyball nicht so wie gewünscht lief?
Angelina Grün: „Am Ende sind wir in dieser Konstellation nicht an unsere individuelle und gemeinsame Leistungsgrenze gekommen, denn wir hatten Chancen, bessere Ergebnisse zu erzielen. Aber wie schon gesagt, oft entscheiden Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage, so dass wir am Ende unsere Konsequenzen ziehen mussten.“
Würden Sie sagen, Sie setzen mit dem Comeback und dem ungewissen Ausgang ihren guten Namen aufs Spiel?
Angelina Grün: „Nein, das sehe ich nicht so. Ich mache mir darüber aber auch keine großen Gedanken, denn es geht gar nicht um meinen guten Namen, sondern mein Ziel ist es gut zu spielen, mit dem Fokus Olympische Spiele 2012 in London. Und hierbei geht es nicht darum was ich will, sondern ich bin jetzt wieder Teil eines großen Teams und da stehen die gemeinsamen Ziele im Fokus.“
Foto Steffen Marquardt: Bei der EM wird Grün in der Annahme agieren...
Wie war es, nach mehr als zwei Jahren Hallen-Abstinenz wieder zielgerichtet in der Halle zu arbeiten? Es muss doch alles weh getan haben, oder?
Angelina Grün: „Nein, ganz und gar nicht, meine Muskeln waren immer butterweich (lacht). Nein, im Ernst. Am Anfang war die Umstellung schon schwierig, die Schnelligkeit und die Richtungswechsel haben meine Waden und Oberschenkel schon gut beansprucht. Aber nach nun zweieinhalb Wochen fühle ich mich immer wohler und kann immer besser das umsetzen, was ich im Spiel möchte. Ich fand es während des Lehrgangs aber beruhigend, dass die anderen Mädels nach dem Training hier auch noch Muskelkater hatten (lacht noch mal).“
Der Lehrgang in Kienbaum geht nun knapp drei Wochen, wie zufrieden sind Sie mit ihrem aktuellen Leistungsstand? „Knallt“ es schon wie früher beim Angriff, wo gibt es noch Defizite?
Angelina Grün: „Am Anfang war es natürlich nicht so wie gewünscht. Da habe ich mich aber von Tag zu Tag gesteigert. Ich musste mich vor allem auch daran gewöhnen, dass in der Halle bei jeder Aktion, vor allem Sprung und Schlag, die maximale Ausführung gebraucht wird, das war im Beach-Volleyball nicht so. Aber jetzt komme ich da wieder in die richtige Richtung und freue mich auf jeden Fall, dass ich jetzt genauso die schnelle Pässe umwandeln kann wie die anderen, das hätte ich am Anfang des Trainingslagers nicht gedacht.“
Foto Winfried Mausolf: ...und es im Angriff...
Für die EM-Nominierung hat es auf jeden Fall gereicht, haben Sie damit gerechnet?
Angelina Grün: „Das war mein Ziel, definitiv. Aber am Anfang des Lehrgangs haben mir die Mädels mit ihrer Schlagkraft schon imponiert, das war für mich in jeder Form aber motivierend und hat mich dazu gebracht, mich immer weiter zu steigern.“
Früher war in der Nationalmannschaft vieles auf den Super-Star Angelina Grün zugeschnitten, in ihrer Abwesenheit musste sich das Team ohne Sie weiter entwickeln und zu Recht finden. Wie sehen Sie jetzt aktuell ihre Rolle?
Angelina Grün: „Es muss sich sicherlich erst noch während der EM finden, welche Rolle ich für das Team spielen kann. Es wird sich dann zeigen, wie ich mit meiner Erfahrung und meinen Qualitäten dem Team helfen kann. Ich werde dann die Rolle annehmen, die mir Giovanni und das Team gibt. Wenn ich in der Form bin, in der ich sein möchte, dann würde ich natürlich gerne viel spielen, aber wer möchte das nicht!? Aber solange ich nicht Mitte spielen muss (lacht), kann ich mir im und für das Team viel vorstellen.“
Nach nun drei gemeinsamen Wochen, was haben Sie für einen Eindruck von dem Team?
Angelina Grün: „Das Team hat sich individuell und als Mannschaft weiterentwickelt. Ich bewundere die Einstellung hart zu arbeiten, hart zu trainieren und immer besser werden zu wollen. Der Gesamtcharakter des Teams ist extrem positiv. Es macht einfach Spaß, ein Teil davon zu sein.“
Bei der EM-Endrunde ist die deutsche Mannschaft nach dem schwächeren Grand Prix zu einem guten Ergebnis verdammt, weil das Ergebnis im Hinblick auf die Qualifikationsmöglichkeiten für die Olympischen Spiele sehr wichtig ist, Was sind die EM-Ziele des Teams, was die persönlichen von Ihnen?
Angelina Grün: „Es ist in diesem EM-System möglich, das Halbfinale zu erreichen, aber ich kann die anderen Gegner nur schwer einschätzen. Wir wissen natürlich, dass jeder Sieg im Hinblick auf die Olympia-Qualifikationsmöglichkeiten sehr wichtig ist, aber wir müssen schauen, wie wir unsere gute Trainingsleistung in den Spielen umsetzen können. Für mich persönlich, aber auch für jede Spielerin in unserem Team, würde ich mir wünschen, dass wir nach der EM sagen können, dass wir unser bestes Volleyball gespielt haben.“
Wen sehen Sie als Favoriten auf die EM?
Angelina Grün: „Italien und Russland sind, wie eigentlich immer, Favoriten auf den Titel. Aber auch Serbien, in der aktuellen Form und mit dem Heimvorteil, kann diese EM gewinnen.“
Auch die EM ist nur ein Zwischenschritt zu dem ganz großen Ziel, der Teilnahme an den Olympischen Spielen in London 2012. Darauf liegt auch Ihr Fokus, oder?
Angelina Grün: „Wie ich das schon gesagt habe, das ist natürlich unser großes Ziel, keine Frage. Der Modus sich hierfür zu qualifizieren, ist nicht einfach, aber wir werden alles geben, dieses Ziel zu erreichen.“
Foto Steffen Marquardt: ...und Aufschlag krachen lassen.
Um 2012 bei den Olympia-Qualifikationen fit zu sein, müssen Sie auch im Verein spielen. Wie sieht es bei dieser Frage aus? Interessenten aus Deutschland und dem Ausland dürfte es einige geben, oder?
Angelina Grün: „Nachdem ich in den letzten zwei Jahren viel in Deutschland gelebt habe, möchte ich Heimat, Familie und Freunde nicht mehr missen, und ich möchte die Gelegenheit haben, Zeit für mein Privatleben zu haben. Deswegen werde ich in der nächsten Saison in Aachen spielen, und ich bin wirklich sehr gespannt, wie sich die Bundesliga in den letzten zehn Jahren verändert hat.“
Sie werden in diesem Jahr 32 Jahre alt, haben mit der Teilnahme an Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und Europameisterschaften nahezu alles erlebt in ihrer Karriere. Was treibt Sie noch an?
Angelina Grün: „Es ist grundlegend die Liebe zum Volleyball, und da ich hier auch noch ein gewisses Talent mitbringe, ist das sicherlich ein Argument weiterzumachen. Und von den Olympischen Spielen kann man eh nie genug bekommen. Es ist aber nicht nur das Event an sich, sondern auch der Weg dahin. Hier gibt es immer neue, spannende Konstellationen und Situationen und das reizt mich sehr.“
Und ist schon absehbar, wann Angelina Grün nicht mehr dem bunten Ball nach springt oder denken Sie von Jahr zu Jahr?
Angelina Grün: „Ich plane jetzt erst mal bis Mitte 2012 und dann schaue ich weiter. Ich habe aufgehört, langfristig zu planen und deswegen schaue ich mal, was nach 2012 noch an Herausforderungen auf mich wartet.“
Frauen-EM: Das etwas andere Interview mit Angelina Grün
Dass die neunfache „Volleyballerin des Jahres“ neben ihrer Professionalität auch jede Menge Humor hat, bewies sie beim „Interview der Woche“. Neben der offiziellen Version gibt es noch eine zweite Version, die etwas knapper ausfällt und nicht ganz Ernst gemeint ist (oder doch?).