Interview der Woche: Birgit Thumm: „Weltmeister zu sein, ist genial“
WM-Titel im deutschen Hallen-Volleyball gibt es nicht so viele: 1970 gewannen die DDR-Männer den WM-Titel, 2002 die deutschen Männer bei der Militär-WM. Gleiches Kunststück vollbrachten nun die deutschen Soldatinnen bei der WM in Rio de Janeiro. Im Finale gewann das deutsche Team souverän 3:0 gegen die Italienerinnen. Birgit Thumm, 156-fache DVV-Nationalspielerin und im Dienstgrad Feldwebel, war als Spielführerin dabei und berichtet von dem Erlebnis.
Weltmeister! Wie fühlt sich das an?
Thumm: „Genial, super toll, ein überragendes Gefühl. Das wird zu Hause nochmals richtig gefeiert.“
Wie würdest du den Titel einordnen?
Thumm: „Wir haben eine Goldmedaille gewonnen. Sicherlich ist das Militär-Niveau nicht so hoch wie das internationale Niveau. Aber wir haben in dieser großen Wettkampfhalle in Rio de Janeiro gespielt mit einem Fassungsvermögen von 25.000 Zuschauern. Das hat schon einen hohen Stellenwert.“
Wie habt ihr den Titel, den ersten für deutsche Frauen in der Geschichte der Militär-WM, gefeiert?
Thumm: „Nicht so wirklich, weil wir keine Zeit dafür hatten. Unser Spiel war gegen 17.30 Uhr zu Ende, alle waren geschafft und glücklich, weil keiner daran geglaubt hatte, dass die Italienerinnen so einbrechen. Danach hatten wir Programm mit Kultur, Sightseeing usw.“
Konntet ihr/habt ihr Rio auch während der Woche genießen können?
Thumm: „Auf jeden Fall. Wir waren an der Copacabana, am Flamingo Beach und bei der Christus Statue. Und eine Shopping Tour haben wir natürlich auch gemacht. Und es ist nicht sehr einfach, ein brasilianisches gelb-grünes Trikot zu bekommen.“
Ihr habt eure Spiele bis auf die 2:3-Vorrunden-Niederlage gegen Italien souverän gewonnen. Eure Stärke oder die Schwäche der Gegner?
Thumm: „Unsere Stärke. Wir waren eine Turniermannschaft und haben uns von Spiel zu Spiel gesteigert.“
Wie hattet ihr euch auf die WM vorbereitet?
Thumm: „Wir waren zwei Tage im Trainingslager in Köln und haben da ein Trainingsspiel gegen eine Regionalligamannschaft gemacht.“
Mit Kristin Kasperski, Nadja Jenzewski, Steffi Lehmann oder dir standen einige Erstliga-Spielerinnen im Aufgebot. Hatte eure Mannschaft Bundesliga-Niveau?
Thumm: „Ja, auf jeden Fall. Wir hatten sicherlich mittleres Bundesliga-Niveau.“
Was erwartet euch jetzt in Deutschland? Werdet ihr vom Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung geehrt oder wie wird ein solcher Titel gewürdigt?
Thumm: „Alle, die eine Medaille gewonnen haben, werden im Winter an einem speziellen Tag empfangen und geehrt. Wie und in welcher Form, das weiß ich aber nicht.“
Foto CISM: Dienstreisen können mitunter anstrengend sein...
Was ist mit der Nationalspielerin Birgit Thumm? Nach der Knie-Operation 2007 bist du nicht mehr im Trikot der DVV-Frauen zu sehen gewesen.
Thumm: „Stimmt. Ich habe lange an meiner Knorpelverletzung laboriert. Es dauerte länger als alle gedacht haben. Danach habe ich ein Jahr 2. Liga gespielt, dann in Suhl, wo ich auch nächstes Jahr spiele. Generell bin ich für dieses Thema offen, für mich waren die letzten zwei Jahre eine Aufbauphase für mein Knie. Im nächsten Jahr will ich wieder voll angreifen.“
Trotz deiner erst 29 Jahre hast du einiges in deinem Sport erreicht: Teilnehmerin bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften. Was reizt dich noch, was sind deine Ziele?
Thumm: „Titel zu gewinnen und im Nachwuchsbereich Spielerinnen nach oben führen. Ich möchte mich schon im Nachwuchsbereich einbringen, in welcher Form auch immer. Ich habe in allen meinen Jahren immer Jugendmannschaften betreut. Das ist ein Bereich, der bei vielen Bundesliga-Klubs vernachlässigt wird, und da das Geld knapper wird, ist das ein wichtiges Thema.“
Und hast du dir schon Gedanken gemacht, was danach kommt?
Thumm: „Damit beschäftige ich mich schon seit langem. Ich möchte gerne eine Ausbildung zum Physiotherapeuten machen, das ist schon relativ weit geplant. Dann will ich irgendwann den A-Trainerschein erwerben, um flexibel im Nachwuchs-Volleyball dabei zu sein.“
Das ist Birgit Thumm
Geburtsdatum: 03.07.1980
Größe: 184 cm
Position: Universal
Beruf: Schornsteinfeger/z.Z. Sportförderkompanie Neubiberg/Zeitsoldat
Verein: VfB 91 Suhl
Größte Erfolge: 9. Platz Olympische Spiele Athen 2004, 10. Platz WM Deutschland 2002, 11. Platz WM Japan 2006, 4. Platz EM Italien 1999