Sitzvolleyball-EM: Mit guter Stimmung aufs Podium klettern

Foto: Florian Schwarzbach/DBS Foto: Florian Schwarzbach/DBS Das Ziel ist klar vor Augen: Deutschlands Sitzvolleyball-Nationalteams wollen bei den Europameisterschaften vom 28. Juli bis zum 2. August Medaillen gewinnen. Während die Herren seit Jahren ein Abonnement auf das EM-Podium haben, holten die Damen zuletzt 2021 Bronze. Die positive Stimmung in den Teams und die gute Vorbereitung nähren die Hoffnung auf ein Erreichen der Ziele im ungarischen Györ. Doch es gibt auch größere Veränderungen: Bei den Herren endete die Ära eines Trios, bei den Damen steht ein neuer Trainer an der Seitenlinie.

Das Jahr nach den Paralympics ist für die meisten Sportler*innen mit Umstellungen verbunden. Die langen Trainingslager werden wieder durch Turniere ersetzt, so ist es laut Cheftrainer Christoph Herzog auch bei den deutschen Sitzvolleyballern der Fall: „Wir haben die Wettkämpfe genutzt, um an unserem Spielsystem zu feilen. Das hat gut funktioniert, was sich auch in den Ergebnissen zeigt.“ Bei einem Einladungsturnier im bosnischen Sarajevo gewann die Mannschaft alle Spiele bis auf das Match gegen den Gastgeber OKI Fantomi, der besten Vereinsmannschaft Europas. Die Golden Nations League schloss Deutschland mit Silber ab, nur der Serienmeister und ewige Rivale aus Bosnien und Herzegowina war zu stark für das Team von Christoph Herzog.

Damit scheint die Mannschaft die Abgänge von langjährigen Spielern wie Thomas Renger, Jürgen Schrapp und Francis Tonleu gut verkraftet zu haben. Das Trio prägte über viele Jahre den deutschen Sitzvolleyball und hatte einen großen Beitrag an den Erfolgen bei Welt- und Europameisterschaften. Insbesondere mit Schrapp hat eine Sitzvolleyball-Legende seine internationale Karriere beendet – der Leverkusener blickt auf stolze sieben Paralympics-Teilnahmen und eine Bronze-Medaille in London 2012 zurück. Der Sportart bleibt der 50-Jährige trotzdem eng verbunden – Schrapp wurde im vergangenen Jahr zum Präsidenten des Weltverbands World Para Volley gewählt. Auch Renger war für Deutschland vier Mal bei den Paralympics, bei Tonleu waren es zwei Teilnahmen. Hinzu kommen zahlreiche Welt- und Europameisterschaften.

„Das sind Veränderungen, die erstmal wachsen müssen. Aber ich bin positiver Dinge und die Grundeinstellung im Team ist gut“, berichtet Christoph Herzog optimistisch. Gefüllt wurden die Lücken mit jungen Spielern. Tom Wannemacher (21), der bereits bei den Paralympics 2021 in Tokio dabei war, kehrt zurück. Zudem feiern Tim Linke (22) und Karl Kruber, der mit 15 Jahren der mit Abstand jüngste Spieler im deutschen Aufgebot ist, ihr internationales Debüt. In einer Gruppe mit Bosnien und Herzegowina, Italien, Lettland, den Niederlanden und Serbien reicht der vierte Platz für das Weiterkommen. Die deutschen Sitzvolleyballer möchten sich aber mit einem ersten oder zweiten Platz eine gute Ausgangslage im Turnierbaum sichern. Das große Ziel ist das Finale – wie vor zwei Jahren bei den Europameisterschaften im italienischen Caorle. Damals unterlag man nach 2:1-Satzführung in einem Fünf-Satz-Krimi Bosnien und Herzegowina, die in diesem Jahr wieder als großer Favorit ins Turnier gehen. „Wir möchten immer näher an die Klasse von Bosnien rankommen. Das ist im Hinblick auf die Paralympics in Los Angeles 2028 wichtig. Die Jungs sollen im Kopf haben, dass wir auch Bosnien schlagen können“, betont Cheftrainer Herzog, der bei der EM 2023 noch beide deutsche Teams betreut hatte.

Im Wettbewerb der Frauen ist dagegen Italien der Gradmesser für die deutsche Mannschaft. In den vergangenen Jahren unterlag das Team den Italienerinnen in der Regel bei großen Turnieren, unter anderem bei der EM 2023 in Caorle. Italien gilt als Favorit in der deutschen Gruppe, der zweite Platz ist jedoch nicht nur realistisch, sondern auch das erklärte Ziel. Kroatien, Frankreich und die Niederlande muss die Mannschaft von Norman Thomas, der seine Premiere feiert als Hauptverantwortlicher an der Seitenlinie bei einem großen Turnier, hinter sich lassen, um eine gute Positionierung im Viertelfinale zu erreichen. „Die Niederlande sind wahrscheinlich unser größter Konkurrent um Platz zwei. Wenn wir aber genau so spielen wie in der Nations League, werden wir das Spiel gewinnen“, betont Norman Thomas.

Der Trainer und sein Staff haben die Mannschaft im Januar dieses Jahres übernommen – und der Coach ist mit der bisherigen gemeinsamen Arbeit zufrieden: „Wir merken, dass eine Entwicklung stattfindet und wir kontinuierlich besser werden. Die Stimmung ist daher super und das Team freut sich extrem auf die Europameisterschaft.“ Neu dabei ist unter anderem Maria Tietze, die 2021 noch als Para Leichtathletin an den Paralympics in Tokio teilgenommen hatte. Ziel ist ebenfalls ein Medaillenplatz. 2023 hatte die Mannschaft noch knapp einen Podiumsplatz bei den Europameisterschaften verpasst, damals unterlag man im Spiel um Platz drei der Ukraine, die in Györ in der anderen Gruppe spielen wird. Der größte Erfolg bisher war die Bronze-Medaille bei der EM 2021 in Kemer (Türkei). Der dritte Platz bei der diesjährigen Golden Nations League – unter anderem gelang ein Sieg gegen die Niederlande – macht Mut für einen erneuten Medaillenplatz.

Weitere Informationen, den Spielplan und Ergebnisse gibt es auf der Veranstaltungswebseite.

Text: Paul Foreman / DBS

Der Kader der EM für die Herren in Györ:

Dominik Albrecht (38 / Bocholt / TSV Bayer 04 Leverkusen), Magnus Fischer (34 / Bückeburg / TSV Bayer 04 Leverkusen), Stefan Hähnlein (35 / Berlin / TSV Bayer 04 Leverkusen), Karl Kruber (15 / Köln / TSV Bayer 04 Leverkusen), Tim Linke (22 / Berlin / SCC Berlin), Torben Schiewe (40 / Celle / TV Güls), Alexander Schiffler (43 / Dresden / Dresdener SC 1898), Lukas Schiwy (30 / Grevenbroich / TSV Bayer 04 Leverkusen), Florian Singer (27 / Dresden / Dresdener SC 1898), Mathis Tigler (29 / Dinslaken / TSV Bayer 04 Leverkusen), Martin Vogel (53 / Sao Paulo / TG Nürtingen), Sebastian Vollmer (39 / Magdeburg / HSV Medizin Magdeburg), Tom Wannemacher (21 / Leipzig / LBRS e.V.), Heiko Wiesenthal (50 / Mayen / TV Güls)

Der Kader der EM für die Damen in Györ:

Corinna Cavier (40 / Berlin / PSC Berlin), Daniela Cierpka (34 / Magdeburg / HSV Medizin Magdeburg), Marlies Dreblow (63 / Großenhain / SC Potsdam), Thyrza Kiewik (28 / Oldenzaal / Anpfiff Hoffenheim e.V.), Miyla Kohn (34 / Henstedt-Ulzburg / Kieler TV), Ronja Schmölders (31 / Düsseldorf / TSV Bayer 04 Leverkusen), Sonja Scholten (37 / Waldbröl / TSV Bayer 04 Leverkusen), Josefine Seifert (36 / Lutherstadt Wittenberg / LBRS e.V), Lena Talabudzinow (23 / Bernau / LBRS e.V.), Maria Tietze (36 / Berlin / TSV Bayer 04 Leverkusen), Sonja Wilkens (50 / Bremen / BTS Neustadt e.V.)