"Wir müssen als Team an unser Maximum kommen" - Bundestrainer Felix Koslowski im Interview

Foto Conny Kurth: Bundestrainer Felix Koslowski Foto Conny Kurth: Bundestrainer Felix Koslowski Wenn am Samstag gegen die Niederlande (08.40 Uhr, live auf VolleyPassion.de) für Deutschland die Weltmeisterschaft in Japan beginnt, dann erlebt auch Bundestrainer Felix Koslowski eine Premiere: Er wird erstmals bei einer WM als Chef-Coach an der Seitenlinie stehen und das deutsche Team durch die WM führen. Im Interview spricht er über die WM und die Weiterentwicklung des deutschen Spiels.

Felix, du erlebst in Japan deine erste Weltmeisterschaft als Chef-Trainer. Welche Bedeutung hat das für dich?

„Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich als Chef-Trainer eine Weltmeisterschaft erleben darf. Ich mache mir über so etwas eigentlich keine Gedanken, aber wenn man dann doch einmal einen kurzen Moment inne hält, dann merkt man, dass es etwas ganz Besonderes, ein Privileg, ist. Es spornt einen noch einmal zusätzlich an, wirklich alles aus der Mannschaft und einem selbst heraus zu holen.“

2010 & 2014 hast du als Co-Trainer unter Giovanni Guidetti zwei Weltmeisterschaften begleitet. Inwiefern hat dich diese Zeit auf die WM in Japan und die kommenden Herausforderungen vorbereitet?

„Ich glaube, dass man sich als Cheftrainer nur vorbereiten kann, wenn man Chef-Trainer wird und seine eigenen Erfahrungen gemacht hat. Aber mit Giovanni hatte ich in all den Jahren natürlich einen Lehrmeister, der in meinen Augen aktuell der beste Frauen-Coach der Welt ist. Er vereint wie kein Anderer diese Verbindung aus Technik, Taktik und soziale Kompetenz. Da hatte ich unglaubliches Glück, dass ich neun Jahre mit ihm zusammenarbeiten durfte.“    

Foto Conny Kurth: Seit November 2015 ist Felix Koslowski Bundestrainer Foto Conny Kurth: Seit November 2015 ist Felix Koslowski Bundestrainer

Wie wichtig ist deine Erfahrung aus der WM 2010, die ebenfalls in Japan ausgetragen wurde?

„Ich denke, dass es ein kleiner Vorteil ist, weil ich allen Spielerinnen und dem Staff meine Erfahrungen weitergeben konnte. Spielerisch ist zum Beispiel die Vorbereitung auf dieses unglaubliche Pensum wichtig. Wir starten in der ersten Runde mit fünf Partien an sechs Tagen. Sollten wir die erste Gruppenphase erfolgreich meistern, dann warten – nach zwei Tagen Pause – vier Spiele an fünf Tagen. Das ist eine sehr hohe Schlagzahl, die wir so nicht kennen. Umso wichtiger ist, dass wir die Tagespläne im Vorfeld darauf abstimmen. Regeneration ist hier einer der wichtigsten Punkte.“

Als Team habt ihr das Ziel, die Top 10 zu erreichen, ausgegeben. Was braucht es, um dies zu erfüllen?

„Wir müssen als Team an unser Maximum herankommen. Wir müssen unser Maximum aber auch mit der entsprechenden Konstanz abrufen. Top 10 bedeutet, dass wir mindestens zwei Mannschaften, die in der Weltrangliste vor uns stehen, schlagen müssen. Das Auftaktspiel gegen die Niederlande wird extrem schwierig, aber da muss uns auch bewusst sein, dass – egal wie das Ergebnis lautet – sich die WM weiterhin in eine sehr gute Richtung entwickeln kann. Top 10 ist ein ambitioniertes Ziel, für das alles passen muss, aber wir können das auf alle Fälle erreichen.“

Spielplan Vorrunde

Sa, 29. September 08.40 Uhr GER vs. NED
So, 30. September 06.40 Uhr GER vs. CMR
Mo, 01. Oktober 06.40 Uhr GER vs. ARG
Di, 02. Oktober SPIELFREI
Mi, 03. Oktober 09.10 Uhr GER vs. MEX
Do, 04. Oktober 12.20 Uhr GER vs. JPN

Welche Rolle spielt dabei der ausgeglichene Kader?

„Auf der einen Seite brauchen wir eine gewisse Konstanz und Vertrauen in unsere Starting-Six. Auch um ein gutes Gefühl für die WM zu entwickeln und die sicherlich vorhandene Nervosität abzuschütteln. Aber natürlich wollen wir die Belastung auch darüber steuern – wenn wir uns diese Position in den Spielen erarbeiten können. Wir werden hier nicht den Fehler machen und einen Gegner unterschätzen. Wir befinden uns in einer sehr starken Gruppe, in der auch die vermeintlich schwächeren Teams eine starke Entwicklung hinter sich haben.“

In dieser Saison konnte sich die deutsche Mannschaft in der Volleyball Nations League mit der gesamten Weltelite messen. Am Ende sprang der 11. Platz heraus. Was für Erkenntnisse konntest du daraus auf die WM übertragen?

„Uns hat ein Platz bis zur Top 10 gefehlt, daher waren wir mit dem Ergebnis nicht unzufrieden. Es war ungemein wichtig, dass wir als Mannschaft diese wertvollen Erfahrungen auf dem Niveau machen konnten. Besser kann man sich auf eine WM nicht vorbereiten. Jetzt gilt es, den nächsten Schritt zu machen.“

Foto Conny Kurth: Deutschland möchte im Service noch mehr Risiko gehen. Foto Conny Kurth: Deutschland möchte im Service noch mehr Risiko gehen.

Wie sieht dieser aus?

„Spielerisch wollen wir uns weiterentwickeln. Der Aufschlag ist auch im Frauen-Volleyball viel wichtiger geworden. Hier wollen wir noch mehr Risiko gehen und den Gegner unter Druck setzen, weil unsere Physis sicherlich noch ein Nachteil ist. Wir müssen dafür sorgen, dass der Gegner keine leichten Angriffssituationen bekommt. Wir haben aber auch gelernt, dass wir im Angriffsspiel schneller agieren müssen. Daran haben wir gearbeitet und die ersten Impulse gesetzt. Diese Entwicklung lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen, aber die ersten Schritte sind gemacht.“

Was erhoffst du dir von der WM in Japan. Ein Land, das du zuletzt auch als Mutterland des Volleyballs bezeichnet hast?

„So wie ich es bisher erlebt habe: Sehr euphorisch, unglaublich fair und mit einer großen Wertschätzung für den Sport, der in Japan sicherlich eine besondere Stellung hat. Wir haben das Glück, dass wir mit Japan auch noch in der Gruppe des Ausrichters in einer tollen Stadt spielen. Yokohama ist nicht umsonst auch Austragungsort der Finalrunde. Man spürt die Lust auf die WM und darauf freuen wir uns riesig.“

WM-Kader

Name Position Alter Verein Länderspiele WM-Teilnahmen
Denise Hanke Zuspiel 29 SSC Palmberg Schwerin 206 1
Pia Kästner Zuspiel 20 Allianz MTV Stuttgart 8
Barbara Wezorke Mittelblock 25 Dresdner SC 10
Lisa Gründing Mittelblock 26 Ladies in Black Aachen 18
Leonie Schwertmann Mittelblock 24 Rote Raben Vilsbiburg 45
Louisa Lippman Diagonal 23 Bisonte Firenze (ITA) 107 1
Kimberly Drewniok Diagonal 21 SSC Palmberg Schwerin 18
Maren Fromm Außenangriff 32 / 312 2
Jennifer Geerties Außenangriff 24 SSC Palmberg Schwerin 130 1
Lena Stigrot Außenangriff 23 Dresdner SC 71
Jana-Franiska Poll Außenangriff 30 Allianz MTV Stuttgart 72
Ivana Vanjak Universal 23 USC Münster 10
Lenka Dürr Libera 27 / 196 2
Anna Pogany Libera 24 SSC Palmberg Schwerin 18
Durchschnitt 25,1 87,2 0,5

Betreuerstab

Bundestrainer Felix Koslowski
Co-Trainerin Saskia van Hintum
Co-Trainer Nicki Neubauer
Teammanager Andreas Vollmer
Arzt Dr. Benjamin Panzram
Physiotherapeut Nadine Rensing
Athletik-Trainer Michael Döring
Scout Olaf Garbe