Universiade: Karla Borger: „Es war überwältigend“

Am Ziel ihrer Universiade-Träume: Karla Borger (links) und Britta Büthe mit den Goldmedaillen auf dem Siegerpodest in Shenzhen/CHN.

Sie sind die „Aufsteigerinnen der Saison“ und seit wenigen Tagen Goldmedaillen-Gewinnerinnen bei der Universiade: Britta Büthe und Karla Borger spielten in Shenzhen/CHN ein tolles Turnier und krönten ihre hervorragende Saison mit dem Gewinn der Goldmedaille. Im „Interview der Woche“ berichtet Borger von ihren Erlebnissen in China und gibt einen Ausblick auf die Deutschen smart Beach-Volleyball Meisterschaften in Timmendorfer Strand (26. bis 28. August).

Herzlichen Glückwunsch zur Goldmedaille bei der Universiade! Das ist der bislang größte Erfolg in der Karriere, oder?
Borger: „Ja! Es war mit Abstand das schönste Turnier, das beste, was wir bisher gespielt haben. Im Vergleich zu den neunten Plätze bei der World Tour, die uns schon umgehauen haben, war das noch viel überwältigender.“

Wie wurde der Erfolg gefeiert?
Borger: „Gar nicht so groß, weil wir in den elf Tagen sechs Spiele hatten und so etwas von platt waren… Es war lustig, dass mit Bernd Werscheck, Physio „Gold-Moni“ und Jörg Ahmann erstmalig mehr Betreuer da waren als Spieler. Die haben einen super Job gemacht. „Moni“ saß in den Auszeiten hinter uns, hat uns aufgemuntert, kalte Handtücher in den Nacken gelegt… Es wird bei den nächsten Turnieren ungewohnt sein, keine Unterstützung zu haben. Die Betreuer hatten eine kleine Bar, einen schäbigen Laden organisiert, dort haben wir ein Bier getrunken. Aber wir waren einfach viel zu müde, wir konnten einfach nicht mehr. Wir wollen das auf nächste Woche schieben…“

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Foto ADH: Daumen hoch für Karla Borger und Britta Büthe.

Das deutsche Universiade-Team war nicht gerade von Siegen verwöhnt (zwei Goldmedaillen). Wie wird eine Goldmedaille im Gesamt-Team bejubelt?
Borger: „Es war wie eine große Familie. Schon nach dem zweiten Tag ging das los mit Daumen drücken, Gesprächen usw. Der ADH hat das super gemacht mit den Informationen. Alle waren total begeistert vom Beach-Volleyball und wollten zugucken. Bei unserem letzten Spiel am Donnerstag hatten wir eine große Unterstützung der deutschen Judokas, mit nackten Oberkörpern, Deutschlandfahne und Schlachtgesängen. Beim Finale waren ca. 30 Deutsche dabei, die mitgefiebert und uns angefeuert haben. Als wir ins Dorf kamen, haben uns alle umarmt, obwohl wir sie zum Teil nicht kannten. Das war hammermäßig. In der Mensa klatschten dann die Teammitglieder, dann auch die anderen Nationen. Man läuft nur rot an und ist peinlich berührt.“

Kommen wir zum Turnier. Im Vorfeld hatte Britta Büthe gesagt, „wir wollen eine Medaille gewinnen!“ War das Umsetzen so leicht?
Borger: „Ganz und gar nicht. Ich dachte nach Betrachten der Teilnehmerliste: Vom Spielerischen haben wir es drauf, aber man war sehr mit dem Wetter beschäftigt. Und qualitativ war es von Anfang nicht so „Bombe“ wie wir gespielt haben. Es gab mit den Brasilianerinnen, Südkoreanerinnen und auch den Schweizerinnen einige gute Teams. Nachdem wir in der Loserrunde waren, was es komplett offen.“

Insgesamt haben Sie bei extrem hoher Luftfeuchtigkeit und Hitze elf Spiele in sechs Tagen bestritten. Wie haben Sie das körperlich überstanden?
Borger: „Bei den ersten Spielen dachte man: wie soll ich mich hier bewegen. Man gewöhnt sich dran, wir haben uns abgewechselt beim Blocken, wir haben unser Spiel angepasst, zum Teil zweite oder gar erste Bälle gespielt. Beim Seitenwechsel durfte man trinken, was sonst nicht erlaubt bzw. üblich ist. Es gab keine Mittagspause im Turnier und auch keinen Tag Pause während des Turniers. In Gedanken war man schon beim Morgen: Morgen haben wir zwei oder gar drei Spiele, das war nicht leicht. Drei Spiele an einem Tag ging am Ende, die Vorstellung war superschwer.“

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Foto ADH: Kurz vor der Siegerehrung: Karla Borger kann ihre Freude nicht verbergen.

Wie viele Kilogramm haben Sie abgenommen, wie viele die schwitzenden Betreuer?
Borger: „Ich hatte dauerhaft Durst und immer das Gefühl, ich habe zu wenig getrunken. Im Spiel wusste man nicht, ob es Schweiz oder Wasser ist, was man sich übergekippt hat, was aus der Hose läuft. Wir haben mit Sicherheit abgenommen, unsere Betreuer sind zerflossen. Es waren an einem Tag einen Meter über dem Boden 58°C. Man hat bei der Hitze auch kaum Lust auf Essen gehabt, obwohl die Auswahl in der Mensa sehr gut war. Leider mussten wir in unseren Zimmern zum Waschen, Duschen oder zur Toilette auf den Balkon, weil diese sich dort befanden. Das war natürlich auch nicht klimatisiert…“

Waren die Zustände noch zumutbar oder schon grenzwertig?
Borger: „Im Nachhinein würde ich sagen, zumutbar, weil wir überlebt haben… Die Ärztin hat gemeint, „großer Respekt, dass ihr das aushalten konntet.“ Mit so vielen Spielen in so wenigen Tagen ohne Pause. Wir hatten den Respekt der anderen, die in klimatisierten Hallen ihren Sport betrieben haben.“

In der Ko-Phase haben sie gegen die späteren Finalgegnerinnen aus den USA trotz 14:11-Führung verloren. Was denkt man in so einem Moment, wenn es bei diesen Bedingungen in die Loserrunde geht?
Borger: „Scheiße! Ich weiß bis heute nicht, wie das Ganze zu Ende gegangen ist. Wir waren danach sehr geknickt, weil wir uns das Ganze ersparen wollten. Wir haben uns aber gesagt: ,Lass es uns durchziehen’, und in dem Moment hatte ich das Gefühl, wir machen das, bis wir umfallen.“

Fast das ganze Turnier über haben Sie die sonst übliche Spezialisierung - Büthe blockt, Borger wehrt ab – weggelassen. Wer hat die Entscheidung gefällt und wann sind Sie wieder zu der Spezialisierung zurück gekehrt?
Borger: „Das war von Anfang an klar, dass man das nicht durchhalten kann, wenn eine Spielerin durchläuft. Zudem hat das gut funktioniert und war erfolgreich. Als mal eine Wolke da war und es kühler wurde, ist Britta durchgegangen sowie dann im Halbfinale und Finale. Da war die Motivation so hoch und das haben wir so entschieden. Beim 10:13 im Halbfinale meinte Britta zu mir, „bleib du vorne“. Und das funktionierte mit viel Glück. Britta hat einige Bälle toll abgewehrt, die Brasilianerinnen zwei Fehler gemacht. Danach waren wir emotional fix und fertig. Ich glaube, die auf der Tribüne sind gestorben.“

Das Finale war dann recht deutlich, oder?
Borger: „Ja, bis auf den ersten Satz. Es war unser Ziel, uns zu revanchieren. Wir wussten, dass die Beiden schnell spielen mussten, um ihren Flieger zu bekommen… Da haben wir Spaßes halber gesagt, dann müssen wir schnell 2:0 gewinnen. Im zweiten Satz konnten wir uns früh mit drei Punkten absetzen und diesen Vorsprung stets halten.“

Was denkt man in dem Moment, in dem der letzte Ball versenkt ist und man Gold bei der Universiade gewonnen hat?
Borger: „Wie können wir uns, bei denen, die zugeschaut haben, bedanken. Das war der erste Gedanke. Wir haben uns mit einer Flugrolle zum Publikum bedankt, weil wir dachten „Laola“ macht ja jeder.“

Und jetzt mit ein wenig Abstand?
Borger: „Das ist cooler als erwartet. Auch was wir für eine kleine Welle ausgelöst haben. Die Schwimmer wollten am Tag danach mit uns Mixed spielen, alle waren von Beach-Volleyball voll begeistert. Auch beim ADH ist das, glaube ich, super angekommen.“

Und das Erlebnis Universiade? Es war die größte mit knapp 13.000 Athleten… Bekommt man nun erst Recht Lust auf Olympische Spiele?
Borger: „Der Stellenwert der Universiade in Deutschland ist leider nicht so hoch, in anderen Ländern ist das viel mehr. In China lief die Universiade auf allen Kanälen hoch und runter. Ich war noch nie bei Olympia, aber genau so stelle ich es mir vor.“

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Foto ADH: Das Siegerpodest mit den Teams USA (links), Deutschland und Brasilien.

Wie bereiten Sie sich auf den „Kühlschrank“ Timmendorfer Strand vor? Selbst, wenn das aktuelle Wetter so anhalten sollte, ist dies kein Vergleich zu Shenzhen.
Borger: „Ich glaube, wir müssen in langen Sachen spielen.“

Könnte das ein Problem werden? Zeitumstellung, Klima, Physische Belastung usw.?
Borger: „Nein, ganz klar. Vom Klima kann es nur besser werden, die Zeitumstellung werden wir in den nächsten Tagen hingekriegt haben. Wir hatten ja ein paar Tage frei, die Motivation bei den Deutschen Meisterschaften ist sehr hoch, da wir im vergangenen Jahr nicht da waren (Einsatz bei U23-EM, Anm. d. Red.). Wir haben einen Knopf, der heißt „Spielmodus“ bei uns, und dann geht das.“

In der aktuellen Umfrage im DKV-Channel gelten Sara Goller/Laura Ludwig (75%) als klare Favoriten, es folgen Katrin Holtwick/Ilka Semmler (17%) und dann Karla Borger/Britta Büthe (8%)…
Borger: „Ist ja süß…“

Was ist das Ziel?
Borger: „Wir wollen im letzten Turnier das abrufen, was wir die gesamte Saison über abgerufen haben. Die Nationalteams sind vor uns und wesentlich erfahrener als wir. Aber alle kennen unsere gute Saison, wir sind mehr favorisiert als in den vergangenen Jahren. Unser Ziel ist das Halbfinale.“

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