Interview der Woche: Jörg Ziegler: „Eine sensationelle Erfolgsstory“
Seit dem 1. Februar 2009 ist Jörg Ziegler Generalsekretär des Deutschen Volleyball-Verbandes. Der 53-Jährige – vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gekommen - hatte nicht viel Zeit, um sich einzuarbeiten und die Nachfolge von Lutz Endlich anzutreten. Wie das erste halbe Jahr aus seiner Sicht verlief und was in diesem Jahr noch ansteht, erklärt der ehemalige Regionalliga-Spieler im Interview der Woche.
Herr Ziegler, wie machen Sie das?
Ziegler: „Wie mache ich was?“
Seit Sie Generalsekretär sind, erringen Beach- und Hallen-Volleyballer einen Erfolg nach dem anderen.
Ziegler: „Zunächst einmal ist es für den Verband eine sensationelle und in dieser Dichte nicht zu erwartende Erfolgsstory. Und die Saison ist noch nicht zu Ende. Ich glaube, dass die Grundlagen für die Erfolge wesentlich früher gelegt wurden und dass der DVV bereits vor den Olympischen Spielen in Peking gute strukturelle, inhaltliche und personelle Entscheidungen getroffen hat. Sicherlich ein entscheidender Punkt sind die Besetzungen im Trainerbereich in der Halle mit Raúl Lozano und Giovanni Guidetti, aber auch im Beachbereich beispielsweise bei der Kombination Julius Brink/Jonas Reckermann mit Jürgen Wagner an der Spitze.“
Weltmeister im Beach-Volleyball, Weltmeister bei der weiblichen U20, Sieg bei der Militär-WM (F), Frauen- und Männer-Auswahl für die WM qualifiziert, Sieg in der European League und, und, und. Können Sie sich, der Volleyballer von Haus aus ist, an ein erfolgreicheres Jahr erinnern?
Ziegler: „Nein.“
Aktuell läuft der Grand Prix, dazu kommen noch die beiden EM-Endrunden in der Halle, die EM im Beach sowie die World League Qualifikationsspiele. Was erwarten, erhoffen Sie sich da?
Ziegler: „Ich glaube, dass sich unserer Frauen mit dem heutigen Sieg gegen Korea für die Finalrunde beim Grand Prix qualifiziert haben – ein weiterer großartiger Erfolg. Ohne die Erwartungen in allzu große Höhen zu schrauben, hoffen wir natürlich, dass die Frauen bei der Europameisterschaft in die Endrunde einziehen und vielleicht sogar die direkte Qualifikation für den Grand Prix 2010 erreichen. Es gefällt mir sehr gut, dass sich auch die Männer für die Europameisterschaften selbst sehr ehrgeizige Ziele gesetzt haben, und ich bin mir sicher, dass sie mit der derzeit gezeigten Einstellung die beiden Runden in der World League Qualifikation gegen Mexiko und Venezuela gewinnen werden. Im Beachbereich haben die Teams in diesem Jahr bereits fast alles erreicht, was zu erreichen war. Von daher würde ich mich freuen, wenn es den Teams gelingen würde, bei der EM noch ein Sahnehäuptchen drauf zu setzen.“
Die sportlichen Ziele waren für 2009 hoch und wurden mehr als nur übertroffen. Finanziell sieht es nicht so rosig aus. Aktuell sind die Trikots der Frauen- und Männer-Nationalmannschaft weiß, es fehlen Sponsoren. Wie sieht die finanzielle Lage konkret aus, was sind Maßnahmen, die ergriffen wurden und werden, um auf diesem Gebiet Besserung zu erzielen?
Ziegler: „Wir haben bereits zu Beginn des Jahres unsere Anstrengungen zur Sponsorensuche verstärkt und hoffen, mit dem Rückenwind der Erfolge aus dem Beach- und Hallenbereich der schwierigen Lage in der Wirtschaft trotzen zu können und neue Sponsoringpartner - vor allem für das Jahr 2010 - zu finden. Trotz der Erfolge und der intensiven Bemühungen gestaltet sich die Sponsorensuche allerdings nach wie vor recht schwierig. Mit der DKV konnten wir einen weiteren Partner bereits für das Jahr 2009 finden und hoffen, dass wir die Beziehung weiter ausbauen können.“
Wie will der DVV trotz dieser angespannten Situation die mögliche Teilnahme an der World League 2010 stemmen?
Ziegler: „Bereits jetzt gibt es sehr positive Rückmeldungen von einigen Städten und Ländern, die gemeinsam mit dem DVV das Projekt World League stemmen wollen. In einem ersten Schritt sind auch die Rückmeldungen für die Zusammenarbeit mit den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten und weiteren Partnern für eine Zusammenarbeit im nächsten Jahr sehr positiv. Wir gehen davon aus, dass wir trotz der hohen Anforderungen des Weltverbandes – verbunden mit den großen finanziellen Anforderungen – auch Partner aus der Wirtschaft finden werden, die das Vorhaben World League 2010 tatkräftig unterstützen. Die Chance in der World League spielen zu können, werden sicherlich zukünftig nicht mehr so hoch sein wie dieses Jahr. Hier gilt unser besonderer Dank an die Städte Berlin und Riesa, die sich in aller Kürze für die Ausrichtung der Qualifikationsrunden bereit erklärt haben und diese tatkräftig unterstützen. Und aus sportlicher Sicht ist es unabdingbar, die World League zu spielen, damit sich die einzelnen Spieler und das Team weiterentwickeln.“
Die DVV-Homepage präsentiert sich in einem neuen Erscheinungsbild. Wie gefällt Sie Ihnen und erhoffen Sie sich davon auch eine Wirkung auf potenzielle Partner in der Wirtschaft?
Ziegler: „Die neue Homepage ist aus meiner Sicht sehr gut gelungen, und die Rückmeldungen – sowohl unserer Volleyball-User als auch von Partnern aus der Wirtschaft – sind sehr positiv. Die neue Homepage war bewusst angelegt, dass sie auch als Plattform für Kommunikation und Zusammenarbeit mit Sponsoren geeignet ist. Beispielsweise wird die DKV die DVV-Homepage als Plattform nutzen, die neuen Inhalte sind in Kürze online.“
Seit dem Juni arbeitet der DVV in einer neuen Struktur: Das Präsidium wurde abgeschafft, der Vorstand um hauptamtliche Kräfte erweitert. Was erhoffen Sie sich davon, wie ist der Start gewesen?
Ziegler: „Der Start mit der neuen Struktur war sehr positiv. Bereits jetzt ist erkennbar, dass das Anliegen gemeinsam mit dem Vorstand Wege zu schaffen, schnelle Entscheidungen treffen zu können und die strategische Arbeit zu forcieren, Früchte trägt. Für den Hauptausschuss Ende November in Trier wird der Vorstand ein Strategiepapier und ein Schwerpunktprogramm für die Arbeit bis 2012 vorlegen und mit den Mitgliedsverbänden intensiv diskutieren. Natürlich braucht es etwas Zeit, bis sich alle Gremien in ihrer eigenen Arbeit und in der Zusammenarbeit mit dem Vorstand finden und die neuen Wege sich für die gesamte Arbeit positiv auswirken. Erste Ansätze für gemeinsame Projekte mit den Landesverbänden, beispielsweise im Bereich der Mitgliederfindung und –bindung zeigen, dass der gemeinsame Wille besteht, auch die inhaltliche Zusammenarbeit für die Zukunft zu forcieren. Für den Verband wird es wichtig sein, die Kompetenzen auf allen Ebenen positiv für die Entwicklung des Gesamtverbandes zu nutzen.“
Was sind weitere nicht-sportliche Themen, die kurz- und langfristig auf der Tagesordnung stehen?
Ziegler: „Wir sind uns einig, dass es ganz wichtig ist, die Kommunikation mit den Landesverbänden zu verstärken. In seiner ersten Sitzung hat sich der Vorstand bereits intensiv mit den Schwerpunktbereichen für die Arbeit in den nächsten Jahren beschäftigt. Dabei möchte er die Punkte 1. Spitzensport mit Finanzierung und Entwicklung des Trainerbereichs 2. Marketing/Kommunikation und Veranstaltungen (z.B. World League) 3. Breitensport und Jugend (z.B. Mitglieder binden und finden) 4. Internationales (Präsenz in Gremien) in den Vordergrund stellen und intensiv bearbeiten.“