Auf ins neue Abenteuer

Foto Shahrdari Tabriz Foto Shahrdari Tabriz Dirk Westphal ist der erste deutsche Profi, der vor der Saison den Sprung in den Iran gewagt und für mindestens eine Saison bei Shahrdari Tabriz unterschrieben hat. In seinem Blog berichtet er in regelmäßigen Abständen auf unserer Seite von seinem Leben in einem unbekannten Land. Los geht es mit der einer tränenreichen Verabschiedung und den ersten, aufregenden Stunden nach seiner Ankunft.

Es klingelt. Ich laufe im Slalom um meine Koffer und nehme den Hörer ab. „Ich komme“, sage ich ohne genau zu hören, wer eigentlich dran. Es ist klar, wer dran ist – es ist das Auto in ein neues Abenteuer. Ich nehme meine Koffer und den Rucksack, drehe mich nochmal um und verschließe die Wohnung mit einem mulmigen Gefühl. Es ist ein Gefühl zwischen Aufregung und Anspannung, zwischen Angst und Vorfreude. Aber es  überwiegt mehr die Angst vor der Ungewissheit. Nichts ist schlimmer, als nicht genau zu wissen, was einem erwartet, speziell in einem Land, dass man mehr aus den Nachrichten kennt, als von einem sommerlichen Urlaub.

Vor der Wohnung steht meine Mutter mit einem Gesichtsausdruck, der genau das Ausdrückt, was ich fühle. Es ist ein gespielter Optimismus mit einer Prise „Es wird schon alles gut gehen“ und einem Schuss „Pass bloß auf dich auf“. Ich umarme sie und sage ihr: „Wenn nicht bin ich in schnell wieder zurück“. Sie lächelt und wir setzten uns ins Auto.

Wir fahren durch Berlin und ich schaue in Gedanken versunken aus dem Fenster. Wie kam es eigentlich dazu, dass ich jetzt in ein Land fliege, welches ich überhaupt nicht kenne.

Foto Dirk Westphal: Ein Bild vom Kuh-e Sahand, einem 3710m hohen, inaktiven Schichtvulkan. 

Es hat lange gedauert, bis ich den Vertrag unterschrieben habe. Es war ein hin und her mit einem halben Dutzend involvierter Agenten, die alle nur das Beste für mich wollten und jeder von ihnen war natürlich der Einzige, dem ich vertrauen könne. Es war sehr undurchsichtig und so hatte ich drei verschieden Verträge vom selben Verein. Ich hatte schon damit abgeschlossen, dass der Vertrag zustande kommt. Doch dann ging alles ganz schnell. Von heute auf morgen klärte sich die Situation und so gab es kein Zurück mehr.

Wir erreichen den Flughafen Berlin Tegel und trinken noch einen letzten Kaffee zusammen. Wir wechseln ein paar aufmunternde Worte und dann verabschieden wir uns. Knappe 40 Minuten später sitze ich im Flugzeug um und verabschiede mich in Gedanken von der Heimat.

Ich versuche mich mit einem Film abzulenken, was mir auch gelingt. Doch plötzlich setzt das Flugzeug auf iranischen Boden auf. Tabriz! Da sind wir nun. Ich erkenne vom Rollfeld den Sahand mit 3700 m Höhe. Es ist inzwischen Mitternacht und weiter westlich funkeln schon die Lichter der Stadt. Ich steige aus und gehe zur Ankunftshalle, um die erste Herausforderung – ein Visa zu bekommen – zu meistern. Nach meinem letzten Stand sollte jemand im Visabereich auf mich warten und mir helfen.

Naja,  wie es so ist - keiner da. Ich gehe zum Visaschalter und gebe mich als Tourist aus. Das sollte ich so machen, weil die Bearbeitung eines Arbeitsvisums einen Monat gedauert hätte. Natürlich weiß der ältere Mann am Visaschalter, dass ich kein Tourist bin und hat mich schon längst als Volleyballspieler erkannt. Keine fünf Minuten später habe ich mein Touristenvisum. Ich werde an der Schlage, der Passkontrolle vorbei gewunken und darf als erstes mein Gepäck vom Zoll durchleuchten lassen.

Foto Dirk Westphal: Erstes Foto mit seinem neuen Team  

In der Eingangshalle wartet ein Mann mit einem Schild „Westphal“. Er erkennt mich sofort, entreißt mir den Koffer und sprintet ohne groß Nettigkeiten auszutauschen aus der Ankunftshalle. Ich versuche mit ihm mitzuhalten, muss aber öfters abreißen lassen. Wir laufen durch die Nacht bis wir nach zehn Minuten sein Auto erreichen. Er öffnet die Tür und bittet mich nach hinten zu setzten. Er verstaut die Koffer und setzt sich wunderlicherweise auf den Beifahrersitz. Nach einer Weile taucht eine deutlich jüngere Frau auf. Ich erkenne sie aus der Eingangshalle wieder. Sie ist die Frau des Mannes und muss uns mit einem respektvollen Abstand gefolgt sein. Sie steigt ein und wir fahren los.

Schnell wird jedoch klar, wer in der Beziehung das Sagen hat. Ich verstehe zwar kein Farsi, aber ich bemerke schnell, dass sie mit seiner Navigation nicht zufrieden ist. Sie entreißt ihm mehrmals das Handy, um selbst zu sehen, wo das Hotel liegt. Die Stimmung ist trotzdem gut. Der Umgang der Beiden wirkt sehr eingespielt. Wir fahren weiter durch die Nacht. Ich bin sehr erleichtert, als ich das hübsche Hotel mit der Leuchtschrift „ 4 Star international Hotel“ erblicke. Ich beziehe ein großes 3- Zimmer-Apartment. Schnell versuche ich, die Internetspeere zu umgehen, um ein Nachricht nach Hause zu schicken, scheitere jedoch schon beim Einloggen ins Hotel-Wifi. Frustriert schlage ich den Laptop zu verriegle die Tür, leg mich hin, ohne zu wissen was morgen genau passiert. Ich decke mich zu und versinke in meiner Müdigkeit.  

Funfact über den Iran: Der Iran sendet große Mengen Erdgas nach Indien, durch das Wirtschaftsembargo ist es Indien nicht möglich mit Devisen zu bezahlen. Im Gegenzug bezahlt Indien seine Rechnungen mit Reis.

Noch mehr Fotos und Videos liefert Dirk auf seiner Instagram-Seite: westphal_fc

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