"Wir wollen um die Medaillen mitspielen“ – Lukas Kampa im Interview

Foto FIVB: Kapitän Lukas Kampa spricht im Interview über die EM und die Olympia-Qualifikation im Januar. Foto FIVB: Kapitän Lukas Kampa spricht im Interview über die EM und die Olympia-Qualifikation im Januar. Vor dem Start der Männer-Europameisterschaft (12.-29. September) spricht Lukas Kampa, Zuspieler und Kapitän der Nationalmannschaft, über das große EM-Highlight, den Druck als Vize-Europameister und die Olympia-Qualifikation im Hinterkopf, die vom 5.-10. Januar 2020 in der Max-Schmeling-Halle in Berlin stattfindet. SPORT1+ überträgt die EM live.

Lukas, im Sommer bist du zum zweiten Mal Vater geworden und hast in der Volleyball Nations League pausiert. Wie bekommt man Familie und den Volleyball, jetzt, wo die Saison so richtig Fahrt aufnimmt, unter einen Hut?

„Bei unserem Terminkalender und Volleyball-Leben ist sowas natürlich nie ganz einfach. Man muss sehr organisiert sein, im Voraus planen und die Zeiten nutzen, die sich ergeben. Was uns sehr entgegenkommt ist, dass wir z.B. während der EM-Vorbereitung in Kienbaum die Familien dabeihaben durften, weil das Andrea Giani wichtig ist. Meine Familie wird auch bei der EM dabei sein. Durch unseren ersten Sohn haben wir darin mittlerweile auch schon Übung.“  

Mit Christian Fromm ist ein weiterer Spieler Papa geworden. Tauscht ihr Euch jetzt nur noch über Baby-Sachen aus und habt schon einen Volleyball-Kindergarten gegründet?

„Christian durfte ich schon während der Schwangerschaft begleiten (schmunzelt), da wir in Polen zusammenspielen. Man tauscht sich untereinander aus und gibt Tipps, Tricks, Wahrnehmungen weiter. Am Ende sind es aber alles Erfahrungen, die jeder für sich machen muss. Nichtsdestotrotz ist es mittlerweile auch bei uns ein Thema. Noch haben wir einen eigenen Kindergarten aber nicht geplant.“

Spielplan EM-Vorrunde*

Fr, 13. Sep. 15:00 Uhr Deutschland Serbien
Sa, 14. Sep. 17:30 Uhr Deutschland Belgien
So, 15. Sep. Spielfrei
Mo, 16. Sep. 17:30 Uhr Deutschland Österreich
Di, 17. Sep. Spielfrei
Mi, 18. Sep. 17:30 Uhr Deutschland Slowakei
Do, 19. Sep. 17:30 Uhr Deutschland Spanien

*Alle Spiele werden im Pay-TV auf SPORT1+ zu sehen sein.

Du spielst in diesem Jahr deine fünfte Europameisterschaft und hast vom vorletzten Platz 2011 bis hin zu Silber 2017 alles erlebt. Mit welchen Gefühlen blickst du auf die kommende EM?

„Es ist tatsächlich schon meine fünfte Europameisterschaft, aber die Vorfreude ist nach wie vor groß. Eine EM gehört immer zu den schönsten Turnieren. Die Aufregung ist mittlerweile anders, weil ich eher zu den Spielern gehöre, die die jungen Mitspieler vor so einem Turnier in dem Punkt sowie in Einstellung und Überblick begleiten. Das ist auch eine Aufgabe, die ich bewusst wahrnehmen möchte und setze. Ich organisiere auch den Tagesablauf mit und halte – dort wo es nötig ist – die Stimmung hoch. Ich bin sehr positiv gestimmt. Wir haben lang und intensiv in Kienbaum trainiert und gute Testspiele gegen die Niederlande und Frankreich absolviert.“

Die EM wird in einem komplett neuen Modus gespielt. Vier Länder agieren als Ausrichter, mehr Teams nehmen teil und das Turnier dauert eine Woche länger. Wie nimmst du die Änderungen auf, bzw. muss man sich auch in gewissen Dingen umstellen?

„Im Moment bin ich noch etwas skeptisch, weil allein die Vorrunde, mit größeren Gruppen, eine höhere Belastung in kurzer Zeit mit sich bringt. Natürlich spricht auch einiges dafür, dass man Nationen ins Boot holt, die ansonsten nur eine geringe Chance auf eine EM-Teilnahme haben. Der Sport lebt natürlich auch von Überraschungen und man hat oft gesehen, dass bei einer EM Teams weit kommen, die man im Vorfeld so nicht auf dem Zettel hatte. Was die Qualität angeht, ändert sich für uns nicht viel, weil wir eine gute Gruppe haben und gleich mit einem Kracher gegen Serbien starten. Ich glaube, dass man sich aus meiner Sicht mit steigendem Alter bis zum Finale weniger Spiele wünscht (lacht).“       

Foto CEV: 2017 jubelten Lukas Kampa und Georg Grozer über EM-Silber. Foto CEV: 2017 jubelten Lukas Kampa und Georg Grozer über EM-Silber.

Zurück im deutschen Team ist Georg Grozer, mit dem du auf dem Feld in all den Jahren ein blindes Verständnis entwickelt hast. Wie wichtig ist er als Typ und sportlich für das Team?

„Ich freue mich, dass Georg wieder dabei ist und er uns weiterhin hilft und unterstützt. Er tut der Mannschaft sehr gut. Georg ist ein Typ, der eine Mannschaft mit seiner Präsenz auf ein neues Level heben kann. Auch außerhalb des Feldes ist er ein belebenes Element, weil er sich eine gewisse jugendliche Leichtigkeit bewahrt hat und dies uns einfach gut tut. Ich denke, dass wir bei der EM viel Freude mit ihm haben werden.“   

Deutschland fährt als Vize-Europameister zur EM und gehört damit automatisch zum Kreis der Medaillenfavoriten. Ist in dem Moment der Druck automatisch größer oder wie geht ihr als Team damit um?

„Ich finde, dass der Druck nicht größer als sonst ist, weil wir immer mit hohen Zielen zu einer EM gefahren sind. Dies hat 2017 dann einfach fast perfekt funktioniert. Der Druck kommt daher, dass wir eine sehr gute Mannschaft mit hohen Zielen haben, wir uns dem aber stellen uns daran messen lassen. Dann werden wir sehen, wie weit es reicht. Bei der Qualität in Europa ist auch klar, dass Silber zu wiederholen oder ein noch besseres Ergebnis einzufahren, sicherlich nicht einfach wird. Wir werden die EM mit viel Enthusiasmus angehen.“

Foto CEV Foto CEV

Welche Ziele habt ihr Euch selbst gesteckt?

„Wir haben uns als Ziel gesetzt, dass wir wieder um die Medaillen mitspielen wollen. Es wird sicherlich schwierig, aber es muss unser Anspruch sein, dass wir mit dieser Mannschaft, die in der Breite noch stärker aufgestellt ist, um eine Medaille mitspielen. Wir wollen zeigen, dass wir noch einen Schritt nach vorn gemacht haben.“

Welche Teams siehst du in diesem Jahr ganz vorne dabei?

„Ich denke, dass es auf die üblichen Verdächtigen hinausläuft: Russland, Italien, Frankreich, Serbien, Polen, Deutschland. Es sind immer fünf bis sechs Mannschaften, die Europameister werden können, plus den einen oder anderen Geheimfavoriten, wie zum Beispiel Slowenien oder Belgien, die beide mit starken Teams dabei sind. Daher ist es schwer, wenn man eine bestimmte Mannschaft hervorheben will. Sicherlich ist Russland als Titelverteidiger und mit den Siegen in der Volleyball Nations League der Favorit unter den Favoriten, aber die Spitze ist extrem eng.“

Foto Conny Kurth: Im Januar 2016 fand die letzte Olympia-Qualifikation in Berlin statt. Foto Conny Kurth: Im Januar 2016 fand die letzte Olympia-Qualifikation in Berlin statt.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) hat den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympia-Qualifikation vom 5.-10. Januar 2020 in der Berliner Max-Schmeling-Halle erhalten. Wie wichtig ist für Euch das Heimspiel in Berlin?

„Als wir die Nachricht erhalten haben, war es ein großer Mix aus Vorfreude und Erleichterung, weil es für uns viele Vorteile mit sich bringt, wenn man zu Hause spielt. Wir müssen nicht reisen, können uns in Kienbaum vorbereiten und in der Max-Schmeling-Halle haben wir die eigenen Fans im Rücken. Ich durfte zwei Olympia-Qualifikationen in Berlin miterleben, in denen ich gesehen habe, wie wichtig es ist, wenn man zu Hause spielen kann. Uns hat dies immer zu absoluten Weltklasse-Leistungen gepusht. Dementsprechend ist die Zuversicht groß und ich kann mich nur bei allen Beteiligten bedanken, die dies möglich gemacht haben. Jetzt ist die EM vor uns, aber die Olympia-Qualifikation im Hinterkopf, was uns noch einmal einen großen Schub gibt.“     

Welche Bedeutung spielt auch die EM im Hinblick auf das Turnier im Januar?

„Ich denke, dass zwei Aspekte eine wichtige Rolle spielen. Wir wollen bei der EM weiter als Team zusammenwachsen. Andererseits ist es aber auch so etwas wie eine Standortbestimmung für uns. Um den anderen Mannschaften zu zeigen, mit was sie bei der Olympia-Qualifikation zu rechnen haben. Wichtig wird sein, dass die anderen Teams schon bei der EM merken, was sie im Januar in Berlin erwartet und es schwer wird, wenn man uns schlagen will. Wenn wir das in die Köpfe der Gegner bekommen, haben wir bei der EM schon den ersten Grundstein gelegt.“

Kader Vorbereitung

Nr. Name Position Verein
1 Christian Fromm Außenangriff Jastrzebski Wegiel
2 Tobias Krick Mittelblock UV Frankfurt
3 Ruben Schott Außenangriff Trefl Gdánsk
5 Moritz Reichert Außenangriff BR Volleys
6 Denys Kaliberda Außenangriff Azimut Modena
8 Marcus Böhme Mittelblock St. Petersburg
9 Georg Grozer Diagonalangriff Zenit St. Petersburg
10 Julian Zenger Libero BR Volleys
11 (C) Lukas Kampa Zuspiel Jastrzebski Wegiel
12 Anton Brehme Mittelblock SVG Lüneburg
13 Simon Hirsch Diagonalangriff Vibo Valentia
14 Moritz Karlitzek Außenangriff Top Volley Latina
15 Noah Baxpöhler Mittelblock Spacer’s de Toulouse
17 Jan Zimmermann Zuspiel Greenyard Maaseik
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