Behinderten-Nationalmannschaft: Athanasios „Papa" Papageorgiou – Erfolgscoach seit 25 Jahren

Immer voll bei der Sache: Athanasios "Papa" Papageorgiou.

Athanasios Papageorgiou feiert dieses Jahr ein besonderes Jubiläum – er trainiert seit 25 Jahren die Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten. Der Trainerfuchs erinnert sich.

1983, hoch über den Wolken der Ägäis. Athanasios Papageorgiou, gebürtiger Grieche von der Insel Rhodos, fliegt in seine Heimat. Mit an Bord: Sein Kollege Dr. Horst Kosel, ehemaliger Professor des jungen Papageorgiou und Sport- und Lehrwart des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). Zwei Menschen auf engem Raum mit viel Zeit. Kosel sucht einen neuen Bundestrainer für die Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten und fragt Papageorgiou, ob er dieses Amt denn nicht übernehmen wolle. Ja, warum nicht? – so die „Legende", wie einer der erfolgreichsten Nationaltrainer überhaupt zu seinem Posten kam.

Ein Siegeszug beginnt
Zurück in Deutschland hatte „Papa", wie er von allen genannt wird, gleich alle Hände voll zu tun. Die Weltmeisterschaft der behinderten Volleyballer stand vor der Tür und dem Chefcoach blieben nur wenige Wochen Zeit, um ein schlagkräftiges Team zu bilden. Mit Erfolg: Die deutschen Standvolleyballer wurden Vizeweltmeister und unterlagen Israel knapp im fünften Satz. Und dann begann ein Siegeszug, der seinesgleichen sucht. Die Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten ist nämlich die erfolgreichste Sportspielmannschaft der letzten 25 Jahre hierzulande und die erfolgreichste Mannschaft der Welt im Behindertenleistungssport. Die Bilanz: 4x hintereinander paralympisches Gold, 3x Weltmeister, 1x WorldCup-Sieger, 5x Europameister und seit 1985 bis auf zweimal immer im Finale jeder internationalen Veranstaltung. Papageorgiou erinnert sich: „Die erste Goldmedaille bei den Paralympics 1988 in Seoul war schon etwas ganz Besonderes. Wir haben Israel geschlagen, die bis dahin als ‚unbezwingbar' galten. Das war für mich persönlich der schönste Sieg. Und das will schon etwas heißen. Immerhin habe ich auch im Nichtbehinderten-Volleyball mit TSV Bayer 04 Leverkusen beachtliche Erfolge gefeiert wie 1988 den Pokalsieg oder ein Jahr später die Deutsche Meisterschaft. Aber nach dem Sieg in Korea gab es für mich und die Jungs kein Halten mehr. Wir haben drei Tage lang gefeiert."

Motivation und Willenskraft – zwei Seiten ein und derselben Medaille
Für den Bundestrainer stand und steht das Ziel zu gewinnen immer an erster Stelle – das ist seine Motivation als Trainer, egal ob mit einem behinderten oder nichtbehinderten Volleyballteam. „In den letzten Jahren ist für mich bei den Standvolleyballern noch eine ‚soziale' Motivation dazugekommen", erzählt Papageorgiou. „Zum einen glaube ich daran, dass mit Sport die Lebensqualität steigt. Man kann sich im Alltag einfach besser bewegen und ihn so auch besser meistern. Zum anderen habe ich gerade bei jungen behinderten Menschen oder solchen, die erst seit Kurzem mit ihrer Behinderung leben, eine neue Sichtweise. Sporttreiben ist die beste Möglichkeit, um sein Handicap leichter zu akzeptieren. Da spielen das Team, Familie, Freunde, kurz die persönliche Umgebung eine wichtige Rolle. Ich kenne viele behinderte Volleyballer, die insbesondere durch den Sport wieder zurück in ihren Alltag gefunden haben. Sie sehen, dass sie nicht alleine sind und dass es viele Dinge gibt, für die es sich zu kämpfen lohnt. Dieser Kampfgeist ist letztendlich das, womit mich meine Spieler immer wieder beeindrucken. So mancher ‚Profisportler' sollte sich von meinen Jungs mal eine Scheibe abschneiden! Ich werde daher immer junge, motivierte Volleyballer mit Handicap in meinen Nationalkader berufen, weil ich einfach weiß, dass sie innerhalb kurzer Zeit an ihren Aufgaben wachsen und alles für das Team geben."

Hat es nicht immer leicht gehabt – Enttäuschungen und Niederlagen
„Jeder Trainer muss mit seinem Team irgendwann einmal eine Niederlage einstecken. Das gehört zum Sport. Gerade die Spiele, die man bereits glaubte gewonnen zu haben, sind natürlich ‚schmerzhaft'. Ich erinnere mich an den verpassten Einzug ins WM-Finale 2004 in Mettmann. Bei dem entscheidenden Spiel führten wir 2:0 gegen die Slowaken und verloren. 1983, bei meiner ersten Weltmeisterschaft, stand es im fünften Satz 14:12 für uns. Ein Punkt fehlte uns zum Sieg, doch den gaben wir noch aus der Hand. Damals habe ich geweint." Papa hat zwar solche Momente nicht vergessen, wirklich enttäuschend war für ihn aber 2000 die Entscheidung des Internationalen Paralympic-Commitees, „Standing" Volleyball aus dem Programm zu nehmen. „Dieser Beschluss war absolut unverständlich. Volleyball war bis dahin Zuschauermagnet unter den Ballsportarten und wir spielten in Sydney vor 6000 bis 7000 Menschen. Wir haben monatelang protestiert. Brigitte Zypries und Klaus Kinkel, zwei im Behindertensport engagierte Politiker, setzten sich ebenfalls für uns ein – leider ohne Erfolg." Das Ausscheiden von den Spielen – aus sportpolitischen Gründen – blieb nicht ohne Konsequenz für das deutsche Nationalteam. Der DBS strich der Mannschaft sämtliche Fördergelder, sodass sich Papa und seine Mannen seit 2006 komplett selbst finanzieren müssen. Dank Sponsoren wie den Diana Klinken AG Bad Bevensen und Asics kann das Team weiter um Punkte und Siege kämpfen.

Fair play – eine Selbstverständlichkeit für „Papa"
Trotz der großen Erfolge ist Papageorgiou nicht nur auf „seine" Jungs fixiert. Viel Herzblut steckt im Volleyball der Behinderten – auch international. Bei den letzten Paralympics 2000 in Sydney wurde die Mannschaft aus Kambodscha von Papa und dem Nationalteam mit Geld, volleyballerischem Know-how und einem deutschen Trainer unterstützt. Ein Einsatz, den das Bundesinnenministerium 2002 mit dem Fair-Play-Preis würdigte. Der Bundestrainer: „Diese Auszeichnung ehrt uns natürlich. Aber damals wie heute denke ich, dass der Preis eigentlich zu viel des Guten war. Für mich ist so etwas eine Selbstverständlichkeit. Man muss sich das bei uns etwa folgendermaßen vorstellen: Alle Nationalmannschaften der behinderten Volleyballer sind bei aller Konkurrenz wie eine kleine Familie. Wenn ein guter Freund oder ein ‚entfernter Verwandter' wie die Kambodschaner Hilfe brauchen, dann unterstürzen wir sie. So einfach ist das."

Setzt sich nicht zur Ruhe
38 Jahre lang dozierte und unterrichtete Papageorgiou an der Deutschen Sporthochschule Köln, und zwar in seinem Lieblingsfach Volleyball (einschließlich Beach- und Behindertenvolleyball). Seit dem 01. Oktober 2008 ist er in seinem wohlverdienten Ruhestand – beruflich gesehen. Als Bundestrainer und als Trainerausbilder des Deutschen Volleyball-Verbandes und des Internationalen Volleyballverbandes will er weitermachen. „Ich werde jetzt zwar etwas häufiger auf Rhodos sein, meine ‚Nebentätigkeiten' aber nach wie vor voll wahrnehmen. Langfristig möchte ich neben Standing Volleyball in der Halle noch den Beachvolleyball für Behinderte international etablieren. Außerdem bin ich immer auf der Suche nach Nachwuchsvolleyballern mit Handicap. Es gibt also viel zu tun!"

Weitere Informationen zur Deutschen Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten finden Sie unter www.dbs-volleyball.de

P.S.: Die Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten wird vom *7.-16.11.2008 in der Slowakei um den Weltmeistertitel* kämpfen. Als amtierender WorldCup-Sieger zählt das Team zu den Favoriten. Im Vorfeld wird es drei Trainingslager geben: 17.-19.10. in Cölbe/Marburg (Mittelhessen), 24.-26.10. in Lüneburg (Niedersachsen), 02.-07.11. in der Slowakei.

(Nanette Hänsel)

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