Dieses Silber glänzt golden

Foto: Huntsman World Senior Games Foto: Huntsman World Senior Games Gut in Form und mit 53 noch einmal Vizeweltmeisterin: Die frühere A-Nationalspielerin Karin Steyaert holte dank einer sehr engagierten Leistung mit der deutschen Ü50-Auswahl Silber beim Global Cup 2019.

Gold wie 2015 ist es nicht geworden, aber sie waren nah dran: Die deutsche Ü50-Auswahl der Frauen holte beim diesjährigen Seniorinnen-Weltcup in den USA verdient die Silbermedaille. Im großen Finale des in St.George (Utah) ausgetragenen Weltcups unterlagen die deutschen Frauen in einem packenden Fünfsatz-Finale den USA knapp mit 19:25, 27:25, 25:14, 23:25, 12:15. „What a crazy match!“ begeisterte sich der Hallensprecher in der Heimstätte der ‚Desert Hills Thunder Sports Teams‘.

Das denkwürdige Finale wurde in der Nacht vom 17. auf den 18.Oktober live auf YouTube übertragen; mehr als 1000 Interessierte verfolgten den Stream, auch in Deutschland. „Um 3 Uhr morgens am Bildschirm hängen, das gab’s sonst nur bei Muhammad Ali oder Laura Ludwig“, so Hamburgs Volleyball-Szeneguru Peter Neese (‚SMASH Hamburg‘) begeistert. „Aber das Wachbleiben hat sich gelohnt. Tolles Spiel, tolles Turnier, tolles Team!“ Auch die Resonanz in den sozialen Medien war für ein Volleyballteam aus dem Nicht-Profibereich – noch dazu für ein Seniorenteam – beeindruckend hoch. Über 6000 Follower interessierten sich bis jetzt bei Facebook allein schon für den Ausgang des Events. Man habe nach so einem Spiel mehr Silber gewonnen als Gold verloren, lautete dort ein treffender Kommentar.

Lange Zeit schien nämlich ungewiss, ob Deutschland stark genug sei, im Kampf um Gold mitzumischen. Klare Siege gegen Außenseiter-Teams wie Mexiko oder gegen Costa Rica, den WM-Vierten, konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass man gegen Mannschaften auf Augenhöhe wie Kanada schon einen guten Tag erwischen und starke Nerven haben musste, um sich durchzusetzen. Zweimal unterlagen die deutschen Frauen den Kanadierinnen im Laufe des WM-Turniers - in der Vorrunde 31:29, 20:25, 5:15, im Haupttableau dann 22:25, 25:18, 10:15, wodurch man im Double Elimination-Turnierbaum durch die Loser-Runde musste.

Es spricht für die Moral des deutschen Teams, dass es die Nerven behielt, als es im Halbfinale ausgerechnet gegen Kanada um den Einzug ins Endspiel ging. Im dritten Anlauf gelang der erhoffte Sieg, und er fiel mit 25:19, 25:12 sogar absolut überzeugend aus. Es sei eine grandios gute Teamleistung gewesen, meinte Michael Wernitz, der stolze Trainer. Jede der eingesetzten Spielerinnen sei sehr konzentriert zur Sache gegangen und habe gezeigt, was sie kann, was sie noch drauf hat.

Auch die deutsche Fankolonie gab bei jedem Spiel ihr Bestes, feuerte unermüdlich und lautstark an. Auch die deutsche Fankolonie gab bei jedem Spiel ihr Bestes, feuerte unermüdlich und lautstark an.

Im Finale setzte Wernitz zunächst auf die Formation Almut Kemperdick-Neumaier (Zuspiel), Gudrun Burschik (Diagonalangriff), Karin Steyaert, Simone Kollmann (Außenangriff), Susanne Smoes-Gieseking, Aline Mittler (Mittelblock) und Bettina Rollersbroich (Libera). „Aber auch die Spielerinnen, die ich danach noch eingesetzt habe, haben ihren Job gut gemacht“, stellte Wernitz heraus. „Alle haben alles abgerufen, was sie geben konnten.“

Die Deutschen starteten furios ins Match, führten bereits 7:1, bevor die sichtlich beeindruckten Amerikanerinnen zu ihrem Spiel fanden, ab Mitte des ersten Satzes ausgleichen und eine Führung herausarbeiten konnten, die sie nicht mehr abgaben. Ähnlich der Verlauf des zweiten Durchganges – Deutschland führte, wurde wieder eingeholt, hatte Satzball gegen sich. Doch diesmal wurde zurückgefightet: Knapp mit 27:25 kam das Team Germany zum Satzausgleich – was die US-Amerikanerinnen so schockte, dass die Deutschen anschließend fast mühelos mit 2:1 Sätzen in Führung gehen konnten. In der Vorrunde hatte Deutschland den USA ihre einzige Turnierniederlage beigebracht – da wurden Erinnerungen wach. Doch im Verlauf des vierten Durchganges zeigte sich immer deutlicher, dass den deutschen Frauen durch die Loser-Runde ein Match mehr in den Knochen steckte. Mehr und mehr ließen Konzentration, Kraft und damit Konstanz gerade einiger viel eingesetzter Stammkräfte nach. Allen war die Erschöpfung anzumerken. Drei Satzbälle konnte das aufopferungsvoll kämpfende Team abwehren, dann hatten die USA den Tiebreak erzwungen, in dem sie rasch auf 11:5 davonzogen. Dennoch - wieder begann eine Aufholjagd der Deutschen, die fast noch zum Erfolg geführt hätte.  Beim Stande von 10:14 aus deutscher Sicht hieß es zum ersten Mal „Matchpoint USA“. Der konnte von unseren Spielerinnen noch zweimal abgewehrt werden, bevor sich ihre Gegnerinnen jubelnd in den Armen lagen. Ein würdiger Weltmeister übrigens, denn kein anderes Ü50-Team war letztlich so ausgeglichen leistungsstark wie die USA, vor allem im Block und in der Feldabwehr sowie im Schnellangriff.    

Der Eindruck, den die deutschen Spielerinnen hinterließen, war jedoch absolut positiv. Nicht nur, dass sie im gesamten Turnier viel Teamspirit bewiesen und zuletzt „bis zum stehenden KO fighteten“, wie es Diagonalspielerin Ute Frantzen ausdrückte, deren Leistung bei der WM ebenfalls bemerkenswert war – auch außerhalb des Feldes gab das Team Germany durch sein Auftreten einen super Botschafter für Deutschland ab. Hier wurden viele neue Sympathien gewonnen.  

Im Rahmen der friedlich-fröhlichen „Huntsman World Senior Games“, die mit 11.000 Teilnehmer/innen in diversen Sportarten und Altersgruppen einen neuen Rekord zu verzeichnen hatten, wird auch der nächste Global Cup ausgetragen werden - 2020 für Männerteams, 2021 wieder für die Frauen. Nicht wenige der neuen Vizeweltmeisterinnen hätten schon jetzt Lust, erneut dabei zu sein.  

 

Die Medaillenränge

        Bronze: Kanada                                       Gold: USA                                  Silber: Deutschland

 

Die deutsche Auswahl

Anke-Hellhake-Christ, Bettina Rollersbroich, Susanne Smoes-Gieseking, Martina Wurth (Westdeutscher Volleyball-Verband), Almuth Behrisch, Gudrun Burschik, Almut Kemperdick-Neumaier (Bayerischer Volleyball-Verband), Sandra Gransberger, Denise Höhne (Hessischer Volleyball-Verband), Ute Frantzen (Nordbadischer Volleyball-Verband), Simone Kollmann (Hamburger Volleyball-Verband), Aline Mittler (Saarländischer Volleyballverband), Susanne Rüssel (Volleyball-Verband Rheinland-Pfalz), Karin Steyaert (Volleyball-Landesverband Württemberg).

Coach:                  Michael Wernitz (WVV)

Co-Trainerinnen: Birgit Kuhlmei-Scheppelmann (NVV), Renata Wernitz (WVV)

(Bericht: Günther Schultz, Fotos: Huntsman World Senior Games)

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