Der Erfolgstrainer geht von Bord

Foto Sebastian Wells: Danke und tschüß, Vital! Foto Sebastian Wells: Danke und tschüß, Vital! Einer der erfolgreichsten Trainer in der Geschichte des Deutschen Volleyball-Verbandes ist nunmehr Vergangenheit: Vital Heynen stand am 25. September beim 3:1-Sieg in der EM-Qualifikation gegen Spanien letztmals an der Seitenlinie. Von nun an ist er ausschließlich Trainer des VfB Friedrichshafen und ab dem 1. Januar 2017 Nationaltrainer Belgiens.

„Ein Spiel ohne gelbe Karte für mich ist langweilig!“

Vital Heynen

Der Weggang Heynens ist ein großer Verlust für die DVV-Männer und den Deutschen Volleyball-Verband. Der 47-jährige Belgier übernahm die Mannschaft nach einer katastrophalen EM 2011 (15. Platz) und impfte ihr im Schnelldurchgang Selbstbewusstsein und das Sieger-Gen ein. Die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten: Bei der europäischen Olympia-Qualifikation im Mai 2012 misslang der Sprung nach London äußerst knapp (2:3 im Finale gegen Italien), aber einen Monate später feierte sein Team mit zum Teil hochdramatischen Auftritten in Berlin doch noch den Sprung zu den Olympischen Spielen. Dort - wie auch bei der ersten Teilnahme an einer World League-Finalrunde - gelang der starke 5. Platz. Sein „Meisterstück“ lieferte Heynen jedoch zwei Jahre später ab, als er sein Team zu WM-Bronze in Polen führte. Es war die erste WM-Medaille einer deutschen Hallen-Nationalmannschaft seit WM-Gold 1970 durch die DDR-Männer. Es folgte noch das souveräne Gold bei den erstmalig durchgeführten European Games 2015 in Baku/AZE, ehe die Krönung seiner Arbeit, die erneute Olympia-Teilnahme, wohl an einem mickrigen Pünktchen im Spiel um Platz drei gegen Polen bei der Olympia-Qualifikation in Berlin, misslang.

Heynen ist ein akribischer Arbeiter und Volleyball-Fanatiker. Kaum ein anderer Trainer bereitet sich so intensiv mittels Videostudium auf Gegner vor, alles dreht sich 24 Stunden lang um sein „Hobby“ (Zitat Heynen) Volleyball. Zudem macht der ehemalige Weltklasse-Zuspieler seine eigenen Spieler nachweislich besser und ist deshalb absolut anerkannt bei Weltklassespielern, aber auch bei jungen Emporkömmlingen. Alle wissen: Vital hat (meistens) Recht!

Heynen tut alles für den Erfolg und schreckt dabei auch nicht vor unkonventionellen bzw. unpopulären Maßnahmen zurück. Nach dem Halbfinal-Aus gegen WM-Gastgeber Polen verhängte er für seine Spieler ein Interview-Verbot und hinterließ verdutzte Pressevertreter. Die Begründung: Die Niederlage muss schnellstens aus den Köpfen, die Bronzemedaille ist das Ziel. Das Ende ist bekannt.

Wenn er nicht unter Starkstrom steht, tritt der Vater dreier Töchter immer authentisch und sympathisch auf: Die Pressevertreter lieben seine klaren, nicht verschnörkelten Statements oder seine Pressekonferenzen, die er gerne selber moderiert. Sein Credo dort: „Es ist langweilig, immer das Gleiche zu sagen. Mit Spaß und Ideen ist alles besser!“ (hört, hört ihr Fußballer). Die Fans und Ballkinder mögen ihn allein deshalb, weil er sich auch Zeit für sie nimmt, mit ihnen Fotos schießt oder auch gerne Technikschulungen vor Spielen macht. Nur die Schiedsrichter haben es nicht immer leicht mit Heynen, der immer wild gestikulierend an der Seitenlinie entlang läuft und klar seine Meinung auch gegenüber den Unparteiischen vertritt. „Ein Spiel ohne gelbe Karte für mich ist langweilig“, sagt er immer.

Langweilig wird einem mit Heynen nie. Um neue Reize für seine Spieler zu setzen, erfand er beispielsweise die „Höllenwoche“. In dieser gingen die Spieler körperlich und mental an ihre Grenzen, hörten Vorträge von Experten in Extremsituationen, standen mit der Sonne auf und lernten einander noch besser kennen und schätzen. Seine Aufwärm-Übungen sind legendär: Mülltonnen werden genutzt, Spieler stehen einbeinig auf Stühlen, der Ball muss mit allen Körperteilen gespielt werden. „Ich habe das stumpfe Aufwärmen als Spieler immer gehasst, deswegen habe ich mir gesagt. Eine Aufwärmung muss immer anders aussehen“, so Heynen.

Anders aussehen wird es zukünftig definitiv bei den DVV-Männern. Die Nachfolge ist noch ungeklärt, sicher ist aber: Der Neue wird es nicht einfach haben, wie auch Heynen glaubt: „Es ist Zeit, dass die Jungs einen anderen Trainer bekommen und ich eine andere Mannschaft – das spüre ich. Es wird für meinen Nachfolger keine leichte Aufgabe sein – aber im Sport ist es nie einfach!“

Einfach war es nie mit Vital Heynen, aber einfach kann jeder! Wir sagen DANKE, Vital! Mach´s gut und viel Erfolg! Nur nicht bei zukünftigen Spielen gegen Deutschland…

Ein Interview mit Vital Heynen folgt in Kürze

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