„Karla ist aus einer anderen Galaxie!“

Foto DVV: Cordula Pütter (2.v.l.) spricht im Interview über ihre Tochter und das Team Borger/Büthe Foto DVV: Cordula Pütter (2.v.l.) spricht im Interview über ihre Tochter und das Team Borger/Büthe Karla Borger entstammt einer Volleyball verrückten Familie. Ihre Brüder Anton und Paul spielen in der 2. Bundesliga, ihre Mutter Cordula war einst eine hervorragende Beach-Volleyballerin, die 1995 gar EM-Gold gewinnen konnte. Wie Cordula Pütter den sportlichen Weg ihrer Tochter sieht, wem sie für die Olympia-Qualifikation ganz besonders dankt und was sie dem Team Borger/Büthe in Rio zutraut, verrät sie im Interview.

Foto FIVB: 2013 wurden Borger/Büthe Vize-Europameisterinnen
Foto FIVB: 2013 wurden Borger/Büthe Vize-Europameisterinnen

Karlas Karriere im Volleyball war vorgezeichnet, oder?

Pütter: „NEIN! Sie hat eine allgemeine vielseitig, sportlich/musikalische Grundausbildung erhalten, mit der ihr alles offen stand. Es war ihre eigene Entscheidung, vor allem sich für „Beach“ zu entscheiden, anstatt in der Halle zu bleiben, wo zu viele unbeeinflussbare „Größen“ Einfluss haben, um jemals zu Olympia zu gelangen.“

Hatte Karla überhaupt eine Chance, nicht Volleyballerin zu werden?

Pütter: „JA! Ganz im Gegenteil, auch ihren Brüdern habe ich sogar vom Volleyball abgeraten, vergebens, wie wir heute wissen! Hiermit wäre übrigens auch der Beweis vollbracht, dass es Kindern nicht schadet, von den aktiven Eltern fast permanent auf die Beach- & Hallenturniere mitgenommen zu werden.“

 Karla war zu Beginn Schwimmerin! Hat das Schwimmtraining dazu beigetragen, dass sie diesen „Biss“ und diese Ausdauer hat und niemals aufgibt?

Pütter: „Ja auch! Sie trainierte Schwimmen von ihrem 3./4. bis 10. Lebensjahr, danach folgte Leichtathletik. In Karlas speziellem Fall sehe ich jedoch die knapp älteren Brüder als für sie permanent zu erreichende Vorbilder, die sie unwissend zu dem gemacht haben, was ihren Wettkampfhunger Richtung Olympiateilnahme angeht.“

Die Beach-Gene sind unzweifelhaft von dir. Was für Gemeinsamkeiten gibt es, was für Unterschiede?

Pütter: „Da wir sichtbar blutsverwand und beide Skorpione sind – wobei ich kein Sternzeichen-Freak bin – wissen wir beide um unsere auffällige Zahl, auch an inneren Übereinstimmungen. Sportlich jedoch gibt es keinen Vergleich: Karla ist aus einer anderen Galaxie, um das Wort Stern zu steigern, von der ich nicht einmal zu träumen gewagt hätte!“

Kann man das auf die Formel bringen: „Karla ist wie Du, nur besser?“

Pütter: „Oh, ich glaube das ist kein Satz, den ein Kind gerne über sich hört „zu sein wie….“. Wenn Kinder ihren Eltern im Sport/Beruf folgen, so hinkt ein Vergleich schon wegen fehlender Vergleichbarkeit der äußeren Umstände. Sie entschied sich mit Anfang 20 für den Sand, ich bin froh, meine Pioniers-Zeit im Sand verletzungsfrei überstanden zu haben – mein Start war mit reifen 30 Jahren - insofern ziehe ich den Hut vor allen Athleten, die durch die heutigen Mühlen ihres Sports gehen und das zum Teil sogar zwei Jahrzehnte lang durchhalten!“

Wie hat sich der Sport von deiner Aktivenzeit zu heute entwickelt?

Pütter: „Es ist de facto ein Beruf geworden, auch athletisch kann man das nicht mehr mit unserer Zeit vergleichen! Heute sehen wir wie selbstverständlich Hochleistungsathleten, die auf diesem olympischen Niveau Woche für Woche auf dem gesamten Globus Unglaubliches abliefern. Man kann es nicht oft genug wiederholen, die deutschen Frauen haben vier Teams in den Rängen der besten 16, die also sportlich alle olympisches Format haben. Nur die Nationen-Regel verhindert eben die Teilnahme zweier Teams, so wie es mir 1996 als zweites deutsches Team mit Rang 12 ergangen ist, eine sehr bittere Pille! Heute hat jeder seinen Betreuerstab mit Physio-, Athletik-, Mental-, Ball Betreuern, die auch gerne gemeinschaftlich an den jeweiligen OSP’s genutzt werden.“

 

Foto CEV: Bei der EM im Juni wurde es EM-Bronze
Foto CEV: Bei der EM im Juni wurde es EM-Bronze

Karla sagte, du bist das Backoffice für das Team und buchst z.B. Flüge und Hotels. Gibst du auch sportliche Tipps?

Pütter: „Ich habe mich niemals in sportliche Belange meiner Kinder eingemischt oder ungefragt geäußert, das ist eine meiner Grundregeln! Trotzdem freue ich mich, meine Anteilnahme mit zeitaufwendigen Recherchen Ausdruck verleihen zu können. Ja, ich füttere den Kalender fleißig mit allen Updates, die das Programm des Teams B & B benötigt, aber auch andere Familienmitglieder sind sehr aktiv, jeder hilft nach seinen Möglichkeiten und auch häufiger vor Ort.“

Die Qualifikation verlief sehr emotional: Bandscheibenvorfall bei Karla und zudem die harte nationale Konkurrenz mit Holtwick/Semmler und Laboureur/Sude. Was ging in dir vor, als in Hamburg die Rio-Qualifikation feststand?

Pütter: „In der Tat, wie oben bereits erwähnt, die innerdeutsche Konkurrenz hätte nicht größer sein können. Für mich stand Karlas Teilnahme allerdings schon zwei bis drei Wochen vorher so gut wie fest. Die Konkurrenz hätte spätestens bei der EM über sich hinaus wachsen müssen, wie es Chantal (Laboureur, Anm. d. Red.) & Julia Sude (Anm. d. Red.) eindrucksvoll, allerdings erst nach Ende der Qualiphase, mit ihrem Turniersieg in Porec unter Beweis gestellt haben! Sie sind in bestechender, aber für jeden Fachmann nicht überraschend, Form. Rückblickend auf die Hiobsbotschaft der Bandscheiben-OP und dem seinerzeit in weite Ferne gerückten Olympia-Ticket, habe ich in Gedanken schon mehrfach den Operateur dankbar umarmt. Noch nie zuvor habe ich vor meinem PC am Stream gesessen, meiner Tochter bei den Spielen zugesehen und dabei immer wieder an diesen Arzt gedacht, verrückt! Ich konnte mich nicht satt daran sehen, wie man nach so kurzer Zeit der Rekonvaleszenz einfach wieder spielt, als wäre nichts gewesen, eine unfassbare Erleichterung. Und dann gleich Bronze beim Grand Slam in Rio, dem zweiten Turnier des Jahres, ein pures Märchen und der Grundstein für Olympia!

1995 bist du Europameisterin geworden, zu den Olympischen Spielen 1996 hast du es aber nicht geschafft. Bist du jetzt in Rio dabei?

Pütter: „Ja, sehr kurzfristig, nachdem ich „interne“ Sponsoren gefunden habe!“

Und greifst du an der Copacabana auch nochmal zum Ball?

Pütter: „Ha,ha, das will niemand sehen, schon gar nicht zwischen all diesen Modellathleten!“

Was traust du Karla und Britta in Rio zu?

Pütter: „Nach der Bandscheiben-OP glaube ich an fast alles, sehr gerne auch an GOLD!“

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